Am Rio Minho fast skandinavisch: Der Rio Minho bildet eine natürliche Grenze zwischen Portugal und Spanien. Eine internationale Brücke verbindet beide Länder. Portugal hat der Reisende gestern etwas wehmütig auf dem Camino de Santiago von Porto nach Santiago de Compostela verlassen. Denn die Einheimischen behandelten ihn fast immer freundlich. Erst betraf dies den Fahrradhändler in Porto, dann aufmunternd lächelnde Spaziergänger an heftigen Steigungen bis hin zum besorgten Umdrehen. Es war oft auch friedlich auf den Straßen. Die Leute hupen wenig.
Insofern kann er nicht nachvollziehen, warum der dpa-Autor im SPIEGEL über den Caminho portugues all dies überhaupt nicht einbezieht. Teilweise benennt er sogar Dinge falsch. In den sieben Jahren seit Erscheinen des Artikels kann sich nicht viel verändert haben. Denn trotz der Schönheit mancher Etappen gibt es auch Schattenseiten. Das Verkehrsaufkommen ist zum Teil hoch. Die Pilger laufen oft an der Straße entlang — auf Asphalt. Dies ist anstrengend für die Gelenke. Von der Nähe der Autobahn und dem Marsch durch ein riesiges Industriegebiet zwischen O Porriño und Tui spricht er gar nicht. Und manche Steigungen sind enorm.
Falsche Erwartungen durch SPIEGEL und dpa
Der dpa-Autor lobt den “Caminho português” aber überschwänglich. So ist zu befürchten, dass er ein Pressedossier gekürzt widergibt. Das nennt man „kalt schreiben“. Dies aber bringt die Gefahr mit sich, falsche Erwartungen zu erwecken. Wir brauchen Reporter vor Ort! Der Weg hinter Tui wird wieder schön, vor allem ab dem Rio Miño in Spanien. Denn hier laufen die Pilger auf eine an Norwegen erinnernde Fjordlandschaft zu. Dies liegt am vielen Wasser und an Meeresbuchten, die hier “rias” heißen. Eiskaltes Wasser fließt ins Meer, was die Muschelzucht fördert.
In den Buchten sind von höheren Standpunkten aus Frachter zu sehen, die ankern oder gen Norden oder Süden ziehen. Dies erinnert an den Blick von Digermulen auf dem Lofot in Nordnorwegen. In der Tiefe des Fjordes sieht ein gewaltiges Kreuzfahrtschiff wie ein Spielzeug aus. Morgen geht es auf der Reise durch Galicien weiter nach Pontevedra. Am Rio Minho ist es fast skandinavisch — mal schauen, ob es weiter nördlich auch zutrifft. Oder sind dort andere spannende Eindrücke auf der Radreise zu erwarten?
Skulptur Robert Schades in Valença am Rio Minho
Viele Restaurants verteilen sich über das Zentrum von Valença.
Einkaufen ist die Hauptbeschäftigung der vor allem aus Spanien kommenden Besucher
Valença – Festungsstadt am Jakobsweg: Auch hier bestätigt sich die Regel: Beim zweiten Besuch sieht vieles anders aus. Es lohnt sich, nach einem Tag Abstand wiederzukommen, um vorherige Eindrücke über Gespräche mit Menschen zu vertiefen. Fotografieren ist dann auch interessanter, weil man Einzelheiten besser wahrnimmt.
So zieht die Festungsstadt am Rio Minho in Portugal spanische Touristen magnetisch an. Sie klappern Angebote zwischen 5 und 30 Euro ab. Deutsche, wie die hübsche Blondine vom Flughafen in Porto, verirren sich selten her. Es sind vor allem Spanier. Denn die Grenze nach Galicien liegt nahe. Auch Pilger vom Caminho Português kommen hier an. Sie haben es von Porto oder Lissabon heraufgeschafft. Die erste Hälfte des Wanderwegs nach Santiago de Compostela liegt jetzt hinter ihnen. Ein Hit für Kinder sind Maschinenpistolen; der Konsumkrieg zwischen teils schön gekachelten Häusern möge beginnen.
Versteckte Dinge sind besser zu finden
Den meisten ergeht es so wie dem Reisenden am ersten Tag: Sie erkunden die gewaltigen Festungsmauern, die einst dem Schutz des portugiesischen Königreiches vor Kastiliern dienten. Sie sind im Stile des berühmten französischen Baumeisters Vauban errichtet. Speisekarten studieren die Ankömmlinge. Sie, kämpfen mit manchmal skrupellosen Autofahrern in den engen Gassen. Danach suchen sie Kirchen und Kapellen auf, um sich dort wieder zu beruhigen. Beim zweiten Besuch nimmt man auch besser versteckte Dinge wahr. Wie in Cerveira hat Bodensee-Künstler Robert Schade auch hier seine Skulpturen aufgestellt. Er ist der Picasso Portugals.
Jetzt hört der Reisende gar einzelne Gespräche in den Gassen heraus. Kein Stimmengewirr mehr! In einem beklagt sich eine Arbeitskraft bei Modeladenbesitzerin. Der Mann fühlt sich offenbar ausgebeutet, spricht mit ihr über den zu geringen Lohn. Aggression liegt in der Luft. Aber der Reisende weiß, dass sich das Geschehen auf den Straßen ab 19 Uhr erheblich beruhigt. Eine schöne Aussicht in Valença – Festungsstadt am Jakobsweg! Morgen geht es über die Grenze nach Galicien.
Jakobsweg: Respekt auf der Straße — Spanien entwickelt sich rasant zu einem Radsportland. Heute fährt der Reisende über die Grenze von Minho nach Galizien — von Valença nach Tui. Er befindet sich nach wie vor auf dem Jakobsweg von Porto nach Santiago. Beim Aufpumpen der Reifen und Reinigen des Schaltwerks findet er auf Augenhöhe einen guten Text. An einer Tankstelle erklärt er sowohl Rad- als auch Autofahrern Verkehrsregeln: El respeto en la carretera es cosa de todos. Respekt auf der Straße geht alle an. Dies gilt nicht nur auf dem Jakobsweg.
Respekt auf der Straße geht alle an
Achte auf 1,5 Meter Abstand beim Vorbeifahren und fahre defensiv.
Betrachte eine Gruppe von Radfahrern als eine einzige mobile Einheit.
Überhole kein anderes Fahrzeug, wenn Dir Radfahrer entgegenkommen.
Benutze ein reflektierendes Vorderlicht und trage nachts eine reflektierende Weste.
Respektiere die Verkehrsregeln genauso wie alle anderen Verkehrsteilnehmer.
Wenn Du nebeneinander fahren willst, dann fahrt höchstens zu zweit.
Sollte man das nicht auch an Parkplätzen, Tankstellen und öffentlichen Gebäuden in Deutschland aufhängen? Das sind an sich Verkehrsregeln, die jeder schon im Kindergarten lernt. Doch angesichts vieler schwerer Verkehrsunfälle durch falsches Überholen, Handy am Ohr, Alkohol und Drogen und zu enges Vorbeifahren ist es wohl nötig.
Neue Bußgelder der STVO 2021 scheinen auch nichts abzumildern. Seit Beginn der Woche las der Reisende von mehreren schweren Unfällen: Übersehen eines Fahrzeugs beim Abbiegen auf eine schmale Straße. Smartphone am Ohr und Alkohol im Blut. Alle Beteiligten liegen jetzt mit schweren Verletzungen im Krankenhaus.
Jakobsweg — Respekt auf der Straße geht eben alle etwas an. Aber nicht nur auf dem Pilgerweg. Hintergrund dessen ist, dass sich im Frühjahr schwere Unfälle zwischen Autofahrern und vor allem Rennradfahrern in Gruppen in Andalusien ereigneten. Dies erklärten hier Einheimische vor Ort. Es ist auch deutlich zu spüren, dass die Leute sehr vorsichtig fahren. Einige hundert Kilometer weiter vor A Coruña findet sich sogar ein wesentlich größeres Verkehrsschild mit den Worten: Achtung! Elf Kilometer mit Radfahrern. Von wegen heißblütige Südländer!
Kilometerweit ist der Radweg entlang des Rio Minho.
Blick auf Tui von der Brücke aus
Stadttor der Stadt Valença
Nicht nur diese Dame läuft mit einer vollen Tasche durch die Einkaufsstraße von Valença.
So ganz abgewichen wie gedacht, ist der Reisende vorgestern doch nicht. Er geriet auf die Küstenstrecke des Caminho de Santiago. Heute hat er Cerveiro verlassen und folgt einem wunderbaren Flussradweg nach Valença. Dort liegt die Grenze. Der Rio Minho und die Brücke Ponte Internacional Valença-Tui verbinden beide Grenzen.
Als die Brücke dort — Ponte Internacional Valença-Tui — errichtet werden sollte, bewarb sich auch der berühmte Architekt Gustave Eiffel 1881 mit einem Plan um die Ausführung. Die portugiesisch-spanische Kommission entschied sich für den Entwurf des Architekten Pelayo Mancebo y Ágreda. Auf der anderen Seite liegt Tui. Der Radweg bis dorthin ist flach und schattig. Er bietet einen tollen Blick auf die Berge. Die Länge beträgt etwa 18 Kilometer. Auch viele Möwen sorgen hier mit ihren Rufen für Leben.
Besichtigung Valenças
Eine Besichtigung Valenças lohnt sich, das der Reisende bis dahin noch nicht kannte. Nur dem Namen nach: Als er den Flughafen in Porto verließ, unterhielt er sich mit einer hübschen blonden deutschen Touristin, um zu erfahren, wo es diese wohl hinzog. Zu seinem Erstaunen wollte sie nicht Porto besichtigen, sondern mit dem Bus direkt nach Valença fahren.
Und jetzt nach einigen Tagen auf dem Jakobsweg mit dem Rad ist er selbst hier. Doch die Touristin ist längst über alle Berge. Er nimmt sich ein Zimmer in einem Hotel in der Neustadt, direkt vor der imposanten von einer Mauer komplett umgebenen Festungsstadt. An der Rezeption werden sie ihn heute und morgen immer persönlich mit “Bom dia, senhor Benning” oder “Boa tarde, senhor Benning” grüßen. Die haben es drauf.
Valença ist wesentlich größer als Almeida im Centro de Portugal, obwohl sie nicht einmal 3500 Einwohner aufweist. In Almeida leben nicht einmal 1500. So dünn besiedelt ist es außerhalb der großen Städte. Wahrscheinlich hängt der Eindruck an der großen Zahl der Touristen, von denen viele aus Spanien kommen. Auf sie warten viele Restaurants und Souvenirläden in den Gassen. In denen bebt das Leben. Wer die Ponte Internacional Valença-Tui am Minho überschreitet, gelangt ins wesentlich ruhigere Tui.
Rostige Skulptur des Künstlers Robert Schad vom Bodensee
Biennale in Cerveira, Nordportuga
Biennale in Cerveira und in Venedig
Ausstellungsraum in einer alten Festung
Eine Zeitung zu lesen, gehört zur Kultur des Landes.
Biennale in Cerveira und Venedig: Gibt es die Biennale nur in Venedig? Nein! Denn auch in der portugiesischen Kleinstadt Cerveira am schönen Río Minho gibt es eine: Bienal de Cerveira. Zwar zählt die zwischen Porto und Vigo liegende „vila“ nur wenige tausend Einwohner. Aber das heißt nicht, dass sie nicht zu bieten hat. Denn sie weist einerseits ein Museum auf, eine Art Galerie in der winzigen Altstadt. Andererseits existiert ein sehr großes Kulturforum mit Ausstellungssälen. Um zur Stadt zu gelangen, musste der Reisende etliche Hügel mit dem Rad überwinden. Den Caminho Português von Porto nach Santiago hat er für Kultur statt Natur kurz verlassen. Morgen will er auf dem hoffentlich angenehmen Flussradweg am Rio Minho nach Valença strampeln.
Oft stehen hinter Kulturangeboten ältere Herrschaften. Doch hier trifft man erfreulich viele junge Frauen und Männer aus Portugal und aus Spanien. Es kann also durchaus was wachsen! Hinter dem Evenemang steht natürlich eine Stiftung. Das Festival gibt es schon seit vielen Jahren. Dies wird sichtbar an vielen Kunstwerken in der Stadt und den am Fluss verteilten Skulpturen. Künstler aus acht Nationen nehmen daran teil.
Robert Schad, Picasso Deutschlands
Unter diesen befindet sich auch eine Skulptur des Künstlers Robert Schad aus Ravensburg. Schad ist es gelungen, unfassbar viele Eisenskulpturen über weite Teile Portugals zu verteilen. Als ihn der Reisende gegenüber Gesprächspartnern auf der Biennale als “Picasso Deutschlands” bezeichnet, nickt so mancher bestätigend. Sein Katalog wurde dem Reisenden gezeigt. Schad nimmt in diesem Jahr 2017 auch wieder an der Biennale teil.
Seine rostigen Werke erinnern an Eduardo Chillidas „Toleranz durch Dialog“ und an Richard Serras “Dialogue with Johann Conrad Schlaun”. Chillidas rostige Bank steht dauerausgestellt im Innenhof des Rathauses zu Münster. Die Bezeichnung betont Münsters Rolle beim Westfälischen Frieden aus. Es ist sinnvoller, mit Gegnern zu sprechen und zu verhandeln statt des Dialog abzubrechen. Serras Werk, ein rostroter Metallblock, soll die Hochachtung vor dem genialen barocken Baumeister Johann Conrad Schlaun und der großen Dichterin Annette von Droste- Hülshoff ausdrücken. Sie steht auf einer Allee des Rüschhauses vor den Toren Münsters, der Stadt der Skulpturen.
Schön ist der Spaziergang durch die alte Festung in Cerveira. Die Räume werden geschickt zur Präsentation ausgenutzt. Diese Skulptur mit den Händen erinnert den Reisenden an die „100 Arme der Guan-yin“ auf dem Marienplatz in Münster. Dieser hier fällt aber kleiner aus. Aber man kann auch nicht immer erwarten, etwas zu finden, das einen durch Innovation geradezu überwältigt. Biennale in Cerveira und in Venedig — ein Besuch der Ausstellung ist wärmestens zu empfehlen.
Steiniger Jakobsweg um Bandeira: So sieht der Caminho de Santiago von Porto nach Santiago öfter aus. Mit Gepäck muss der Reisende dann oft schieben. Er kennt aber immerhin fünf Freunde in Bonn und in Münster, die auch nicht aufgäben. Stephan, zwei Christians, Holger und Ulf.
Die Strecke heute ist deutlich die anstrengendste. Dabei ist er die letzten fünf Kilometer parallel zum Wanderweg auf der Landstraße geradelt. Darunter forderten ihn auch neun Prozent Steigung heraus. Der Pilgerweg selbst ist ab Bandeira nur für Mountainbiker ohne Gepäck zu bewältigen. Das Rad müsse streckenweise auf den Schultern getragen werden, munkelt man. Der Anfang der Strecke hat unter Regen so stark gelitten, dass ein Stück abgerutscht ist. Er ist jetzt gesperrt.
Das Erklimmen des Berggipfels gegen Ende des Trips war heftig. Jetzt ruht er im Bergdorf Rubiães. Dieses ist abends deutlich kühler als Ponte de Lima im Tal. Die Wirtin wollte ihn gleich dazu nötigen, mit einem Shuttle zu einem nahen Restaurant zu fahren. Es tut ihm schrecklich leid, dass ihr nun 10 % Provision entgehen. Und sie wollte nicht, dass er sein Rad direkt vor dem Zimmer abstellt. Dabei liegt es ebenerdig im Hof.
Es ist das erste und einzige Mal auf der gesamten Tour, dass dem Reisenden jemand so komisch kommt. Er setzte sich trotzdem gegen sie durch. Sicherheit fürs Rad geht vor. Er ist schließlich auf das Fahrzeug angewiesen. Am nächsten Morgen hat sie sich wieder beruhigt und serviert ein gutes Frühstück. Wer weiß, was die Frau am Vortag plagte.
Der Blick vom Balkon ist ganz okay. Oder? Steiniger Jakobsweg um Bandeira, die Mühe hat sich gelohnt. Ein Pilgerweg ohne Leiden wäre auch kein Pilgerweg.
Marktplatz in Ponte de Lima der nordportugiesischen Unterregion Minho-Lima im Distrikt Viana do Castelo.
Auf der Speisekarte des Restaurants O Confrade in Ponte de Lima gibt es nur Dosenfraß.
Fluss des Vergessens am Jakobsweg: Drei Tage hält sich der Reisende schon am Fluss des Vergessens in Ponte de Lima auf. Ob er wirklich alles vergisst, stellt er wahrscheinlich erst hinter der Ortsgrenze fest. Pilgerin Alexandra hat ihn jedenfalls nicht vergessen. Denn sie schreibt ihm immer noch, obwohl sie die Kleinstadt seit drei Tagen verlassen hat. So schlimm ist es also nicht.
Er hält die Erzählung auch für eine List der Feinde der Römer, um die Legionen am Vormarsch über den Fluss Lima zu hindern. Am Ufer stehen ein paar bewaffnete junge Kerle um die zwanzig Jahre mit unsicheren Gesichtern. Die Lanze eines Legionärs ist sogar verbogen, als seien gerade Asterix und Obelix vorbeigekommen, um sich mit ihnen zu prügeln. Auf der anderen Seite wartet ihr Anführer zu Pferde, der vorgeritten ist. Die Legionäre wollen erst durch den Fluss waten, sobald jeder einzelne von ihnen seinen Namen gehört hat. Eine hübsche Geschichte zu einer angenehmen Kleinstadt, in der so einige Pilger zwei Tage ihre Wunden pflegen.
Die schönsten Frauen Portugals kommen aus dem Norden
Das Leben ist gemütlich. Das Bier ist billig, die Menschen hilfsbereit. Der Reisende hat sich in einem Handel für 29 Cent fünf Schrauben besorgt, um weiteren Verlusten auf der holperigen Strecke die Stirn bieten zu können. Der Gepäckträger sitzt jedenfalls wieder fest, wofür allerdings der Flaschenhalter daran glauben musste. Wie gut, dass er mit zwei passenden Schrauben fixiert ist. Die Schuhsohle klebte gestern ein Schuster für einen Euro.
In Ponte de Lima gibt es auch ein schönes Museum mit sakraler Kunst. Abends bieten Bands lebhafte Konzerte. Gestern trat ein Fado-Sänger auf, den der Reisende im Hotelzimmer bis drei Uhr nachts hörte. Gestört es es überhaupt nicht. Denn er sang phantastisch. Und die Zuschauer lachten viel, weshalb es wohl auch lustig war. Unvergessen ist auch die bildhübsche Rezeptionistin Ana im Hotel, deren Sprachmelodie einfach phantastisch klang. Diese erinnerte an die schwedische Art, beim Sprechen fast zu Singen — Sprechgesang. Die schönsten Frauen Portugals kommen aus dem Norden. Das ist bekannt.
Einziges Manko: Die Restaurants bieten hier nur Dosenfraß an, was unschwer am Foto in der Galerie zu erkennen ist. Halbe Dosen, ganze Dosen. Der Reisende will frischen portugiesischen Fisch, keine Konserven. Obwohl am Fluss des Vergessens am Jakobsweg: Diese Zustände hier wird der Reisende niemals vergessen.
Die Straße gleitet fort und fort, weg von der Tür,
wo sie begann, zur Ferne hin, zu fremdem Ort,
ihr folge denn, wer wandern kann. Caminho de Santiago am Rio Minho vor Valença.
Philosophieren auf dem Jakobsweg: Es gibt Leute, die meinen, menschliche Interessen übers Alter definieren zu müssen: mit zwanzig in Clubs und Fitnessstudios. Mit dreißig Literatur. Mit vierzig Jahren fange man mit dem Wandern an. Ab fünfzig spüre man, dass gar nichts mehr geht. Man könnte sich dann einen Platz im Altersheim reservieren und den Grabstein. Doch diese Zeiten sind längst vorbei.
Auf dem Jakobsweg hat auch eine Pilgerin behauptet: Da sie jung sei, sei sie eher bereit, in Herbergen zu schlafen als Ältere. Dort riecht es nicht gut. Leute schnarchen. Etagenbetten sind nicht verlockend. Manchmal gibt es keine freien Betten mehr. Matratzen liegen dann auf dem Gang.
Sportlich und komfortabel gekleidete Wanderer
Wenn man sich in Herbergen des Camino de Santiago umschaut, strömen Menschen zwischen 20 und 70 herein. Fast alle tragen sportliche Kleidung. Teleskopstöcke und Rucksäcke sehen komfortabel aus. Niemand muss schwere Kameras schleppen. Für den privaten Gebrauch reichen kleine Digitalkameras. Smartphone-Bilder dürften Teilnehmer beim Stammtisch ermüden.
Seltsam auch: Viele achten nicht auf richtige Wanderschuhe. Sie meinen, billige beim Discounter seien genauso gut wie Markenware. Der Reisende führt oft als Wanderführer durch die Eifel. Er glaubte selbst lange, dass Schmerzen dazu gehörten. Doch seit er 260 Euro in alpine Stiefel gesteckt hat, weiß er, dass es fast ohne Blasen geht. Ans höhere Gewicht gewöhnt er sich binnen Minuten. Die Oberschenkel schmerzen auf der ersten Etappe, bei jeder weiteren nur in den ersten Minuten.
Auf dem Jakobsweg in Portugal und Spanien radelt und läuft er mit Rad-Winterschuhen. Die Cleats für SPD-Pedalen sind so gut gearbeitet, dass er sie nur auf glatten Steinen spürt. Hitze tritt weder bei Berg- noch bei Radstiefeln auf. Oft sind vielen die Schuhe zu klein, die Tränen groß. Davon profitieren auf der Reise durch Nordportugal und Galicien Sandalen führende Schuhläden. Lassen sich diese Leute beraten? Dicke Socken und eine Nummer größer. Darauf bestand sein Fachverkäufer im Bergsportladen.
Geld sparen am falschen Ende?
Geld wird am falschen Ende gespart. Lieber regelmäßig mehrfach pro Woche 16 Euro für Fritten, Bier und Currywurst und Medikamente statt in gute Schuhe und einen vernünftigen Reiseführer. Die Pharmaindustrie freut sich über gute Kunden. Dabei senken Champignons Blutdruck. Kürbiskerne spenden Omega 3‑Fettsäuren. Teebaumöl killt Viren und Bakterien.
Schließlich bewegt man sich als Wanderer auf 235 Kilometern von Porto bis Valença 17 bis 24 Kilometer am Tag. Immerhin erntet jeder neben einem schlanken Körper und schönen Erinnerungen Selbstbewusstsein und Durchhaltevermögen. Jeder kann das gebrauchen. Egal, ob 20 oder 70 Jahre alt.
Philosophieren auf dem Jakobsweg: Solche Gedanken strömen, wenn der Reisende täglich 60 bis 70 Kilometer beim Radwandern unterwegs ist. Andere wie der berühmte Paulo Coelho hingegen in “Auf dem Jakobsweg” beschreiben spirituelle Erfahrungen. Morgen geht es weiter Richtung Rubiais.
Bilder vom Pilgerweg von Ponte de Lima nach Rubiães
Internationales Flair auf dem Jakobsweg: Es ist aufregend, wen der Reisende auf der Strecke des Caminho Português kennenlernt. Einsam ist es nie. Dazu wandern zu viele Menschen auf dem portugiesischen Jakobsweg von Porto nach Santiago de Compostela. Die Strecke ist 235 Kilometer lang. Nach einer offiziellen Statistik des Pilgerbüros waren auf den beiden portugiesischen Jakobswegen an der Küste und im Binnenland zusammen in den Jahren 2018 und 2019 fast 95000 Menschen unterwegs.
Jedem steht es frei, sich zu entscheiden, ob man alleine wandern will oder zu mehreren. Manchmal ist es allerdings schöner, die Landschaft still für sich zu genießen. Denn wer viel beim Wandern redet, kann auch viel übersehen.
Die Mehrheit stellen in diesen Tagen Deutsche und Spanier. Am Wochenende gesellen sich dann Portugiesen dazu. Aber auch Asiaten wie eine Usbekin, die der Reisende in Gemeinschaft am Mittagstisch mit zwei Dänen und einer Deutschen traf. Sie sprach fließend Deutsch. So dachte der Reisende aufgrund des Akzents, dass sie in Süddeutschland aufgewachsen wäre.
Einladung zum Steakessen
Als er am Vorabend einen Schlafplatz suchte, stieß er an einem Feldweg auf zwei Französinnen. Diese aßen vor dem Gemeinschaftshaus eines Hostals. Eine gute Gelegenheit, mal wieder Französisch zu sprechen. Dies war nach Tagen auf Spanisch, Englisch und etwas Portugiesisch anstrengend. Aber immer noch natürlicher als jeder Konversationskurs an der Volkshochschule. Einen Besitzer gab es nicht.
Beide Damen arrangierten nach Absprache mit anderen Bewohnern einen Zeltplatz auf dem Gelände. Wahrscheinlich war der Radler der erste Camper hier, da eigentlich nur Zimmer vermietet wurden. Eine Dusche allerdings boten sie ihm nicht in ihrer Hütte an. Da präsentieren sich Norweger, Schweden, Dänen und Portugiesen gastfreundlicher. Er bespritzte sich stattdessen mit einem auf dem Gelände liegenden Gartenschlauch — eiskalt.
Anschließend luden ihn Irineo und seine Frau — aus Sintra — zum Abendessen ein. Es gab frisch gegrilltes Steak mit Chips, Salat und Bier. Die beiden Portugiesen gingen davon aus, dass ihr Gast hungrig sein musste. Dabei war er nur 21 Kilometer auf einem zum Teil allerdings holprigen Weg in der Umgebung von Ponte de Lima nach Rubiães gefahren. Dankbar schlief er angesichts des guten Essens im Zelt ein. Über ihm wölbte sich der klare Sternenhimmel. Zirpende Grillen begleiteten ihn in den tiefen Schlaf. Morgen geht es weiter nach Cerveira am schönen Río Minho. Hoffentlich gibt es auch weiter viel internationales Flair auf dem Jakobsweg.
Nicht alle Wege sind so leicht zu befahren wie dieser hier im Umfeld des Mirador de Santo André de Teixido.
Oder wie dieser Strandweg.
Achtung: Elf Kilometer mit Radfahrern!
In eine Dose Pferdesalbe passt ein Mountainbike-Schlauch.
Reparieren auf dem Caminho Português: Seine ersten kleinen Reparaturen hat der Reisende am Rad schon hinter sich. Dabei ist er erst seit fünf Tagen in Portugal. Zuerst verbog das Schaltwerk leicht auf dem Flug von Köln-Bonn nach Porto. Dabei ist das Mountainbike an sich gut geschützt. Denn es findet in einem Evoc-Radkoffer seinen Platz. Die Tasche ähnelt vom Material her einer großen Sporttasche und wird seitlich durch Rohre versteift. Die Laufräder kommen in zwei Seitenfächer innerhalb der Tasche.
Ein Radkoffer hat auch den Vorteil, dass sich in ihm Werkzeug und Bücher verstauen lassen. Der an vielen Fahrradtaschen so empfindliche Reißverschluss hat bisher alle Strapazen überstanden. Unter dem Koffer befinden sich auch zwei Rollen, damit sich das schwere Stück gut ziehen lässt. Anstrengend ist es trotzdem. Niemand kann dadurch erwarten, unbeschwert auf die Reise nach Nordportugal zu gehen.
Im Sperrgepäck zusätzliche Kilos unterbringen
Denn da als Sperrgepäck am Flughafen eingestuft, kann man in ihr alles verstauen, was über die Grenze von 20 oder 23 Kilo im großen Rucksack geht. Am Schalter lässt sich der Überschuss gut bei der Abfertigung verteilen. Viele Hotels sind so freundlich, den Koffer bis zur Rückkehr aufzubewahren. Noch nie kam etwas in Norwegen, Schweden, Spanien oder Portugal weg. Der Reisende konnte das Schaltwerk im Hotel mit der Hand wieder richten. Mit dem Schraubendreher stellte er es auch neu ein.
Offenbar gelang es so gut, dass der freundliche Inhaber von Onda Bike in Vila Nova de Gaia es für in Ordnung befand. Zur Sicherheit kaufte der Reisende ihm aber ein Schaltwerk ab. Dieses befindet sich seitdem stets als Ersatzteil im Gepäck. Es kostet und wiegt nicht so viel, gemessen an der Sicherheit. Bei einem Sturz kann das montierte im schlechtesten Fall sogar abbrechen.
Wichtigstes Werkzeug und Kleinteile nicht vergessen
Die ersten Etappen auf dem Caminho Português sind überwiegend flach und asphaltiert. Hin und wieder kommen aber auch steinige und steile Stücke. Ab Galicien wird das noch mehr. Der galicische Jakobsweg ist oft hügelig bis bergig. Dicke Steine können das Fortkommen erschweren. Ohne Schieben vergeht dort kaum ein Tag. Aber es sind oft nur wenig mehr als hundert Meter. Daher ist es erträglich.
Heute war es dann so weit. Da der Wanderpfad holprig war, verlor der Radler eine Schraube am Gepäckträger. Vor ihm wartete ein Chauffeur mit einem Kleinbus auf Wanderer. Nach einigen Minuten registrierte er den Radler auf dem Boden, bot seine Hilfe an. Leider konnte er ihm nicht helfen, da er keine Ersatzteile mit sich führte. Auch eine seiner vielen Wasserflaschen opferte er nicht auf, obwohl es sehr warm war.
Grober Umgang mit Gepäck am Flughafen
Zum Glück konnte der Reisende sie durch eine vom Flaschenhalter opfern. Das meiste Wasser bewahrt der Reisende ohnehin in einer Trinkblase auf dem Rücken auf. Denn so kann er während der Fahrt trinken und die Hände am Lenker behalten. Und er bleibt im Rhythmus. Die übrig gebliebene Schraube langt auch noch, um die Flasche zu halten. Am Rande von Ponte de Lima gab es zum Glück einen Baumarkt. Dort versorgte sich der Reisende mit zehn Schrauben für alle empfindlichen Stellen. Ein freundlicher Mitarbeiter half ihm, passende zu finden. Sie befinden sich von nun an in Filmdöschen an Bord, wo sie nicht viel Platz wegnehmen.
Denkt also bitte immer daran, passende Schrauben mitzunehmen. Die Kette wird seit zwei Jahren nur noch mit Bio-Kettenöl geschmiert, was gut funktioniert. Und der Umwelt hilft es. Es kommt immer mal wieder ein Test heraus, an dem man sich orientieren kann, welches Öl für gut befunden wurde. So wie dieser hier.
Reparieren auf dem Caminho Português
Galicier fahren mit Milch in den Schläuchen, berichtete ein Mechaniker in einem Rad-Geschäft bei Lalín. Das hat zwar den Vorteil, dass Platten vermieden werden. Gerade bei den zahlreich vorhandenen dornigen Strecken auf der Iberischen Halbinsel ist das cool. Aber mit der Zeit trocknet die Flüssigkeit. Als der Reisende in Bonn zurück, weiter damit fuhr, war die Luft nach einigen Wochen entwichen. Grund: Noch immer saßen Dornen im Mantel und im Schlauch. Auf einen Reserveschlauch sollte trotzdem niemand verzichten. Wer seine Muckis nach dem Besuch im Fitness-Studio mit Pferde-Balsam einreibt, kann die Dose für die Aufbewahrung des Schlauches weiterverwenden. Ein Mountainbike-Schlauch passt genau hinein. Dies schont nicht nur den Schlauch und spart Platz im Gepäck, sondern es schont auch noch die Umwelt. Denn die Dose landet für die nächsten Jahre erstmal nicht im Gelben Sack, sondern im Reisegepäck.
Schaltung vor dem Flug demontieren
Und zu empfehlen ist auch, die empfindliche Schaltung vor dem Flug zu demontieren. Auf dem Düsseldorfer Flughafen hat der Reisende schon beobachtet, wie grob einer der Männer mit dem Radkoffer umging. Er flog geradezu in den Gepäckraum. Als er den Mitarbeiter zur Rede stellte, guckte dieser nur doof. Dabei steht sogar die Bitte außen auf der Tasche, mit dem “dreambike” sorgfältig umzugehen. Sonst bleibt es nicht nur beim unaufwendigeren Reparieren auf dem Caminho Português. Aber ab jetzt geht es auf jeden Fall aufregend weiter.