Wandern in Stadt wie Münster

Wan­dern in Stadt wie Müns­ter: Net­ter Vor­schlag der Kol­le­gen des in Eng­land erschei­nen­den “Tele­graph”: Inner­halb man­cher Städ­ten gibt es beacht­lich gro­ße Parks und öffent­li­che Plät­ze. Die­se bie­ten sich auch als Zie­le im Urlaub an, zum Wan­der­ur­laub in der Stadt.

In Por­to ist es ein hoch über dem Rio Dou­ro lie­gen­der gro­ßer Park, den man schön von der Alt­stadt aus errei­chen kann. Auf der Stre­cke liegt eine alte Zita­del­le mit einer eben­falls von Ein­woh­nern in der Frei­zeit besuch­ten Parkanlage.

Der Rei­sen­de hat auch in sei­nem Rei­se­füh­rer “Müns­ter Stadt der Skulp­tu­ren” Wan­der­rou­ten ent­wi­ckelt. Inte­griert ist auch die meh­re­re Kilo­me­ter lan­ge Pro­me­na­de. Es gibt viel zu ent­de­cken, an dem auch Rei­se­pro­fis oft acht­los vor­bei­lau­fen wie an der Fas­sa­de des Rat­hau­ses zu Müns­ter. Dort befin­det sich jedoch vie­les, was auf den Cha­rak­ter der West­fa­len­me­tro­po­le schlie­ßen lässt. Die Fas­sa­de ist gotisch. Sie ent­stand mit ihren Bil­dern und Sym­bo­len für die meist des Lesens nicht mäch­ti­gen Bür­ger zwi­schen 1350 und 1400. Aller­dings wur­de das Rat­haus im Zwei­ten Welt­krieg im Okto­ber 1944 zer­stört, aber eben auch spä­ter wie­der aufgebaut. 

Säulenprogramm am Rathaus

So sind an der Mit­tel­säu­le die vier Ele­men­te an den Tie­ren Sala­man­der, Fisch, Vogel und Schlan­ge zu erken­nen. Rechts davon sind die vier Jah­res­zei­ten, links die Köp­fe der Täu­fer zu sehen. Bei ihnen befin­det sich auch das Wap­pen der Wie­der­täu­fer. Im aus einem Bogen­gang mit vier stei­len Spitz­bö­gen auf fünf Säu­len gestal­te­ten Erd­ge­schoss wer­den Anfech­tun­gen und Gefah­ren des Erden­le­bens dar­ge­stellt. Die­se kön­nen die Men­schen über­win­den, wenn sie an Chris­tus glau­ben. Daher befin­det sich im Gie­bel das neue Jeru­sa­lem als Abbild des Himmels.

Die mitt­le­re Säu­le im Erd­ge­schoss stand einst für Chris­tus. Löwe, Pan­ther, Adler und Phö­nix sym­bo­li­sie­ren ihn. Dane­ben befand sich die Todes­säu­le. Dies ist an einem hus­ten­den Wald­geist zu erken­nen. Als das Rat­haus erbaut wur­de, herrsch­te in Euro­pa die Pest. Um 1382 such­te sie auch Müns­ter beson­ders hart heim. Über 8000 Men­schen sol­len gestor­ben sein. Das Kapi­tell der Todes­säu­le zeig­te vier ver­schie­de­ne Mas­ken, die den Tod in Form von Pest­kran­ken darstellte.

Links davon gab es eine Teu­fels­säu­le. Zu iden­ti­fi­zie­ren ist sie an den Höl­len­we­sen Basi­lisk, Sire­ne, Dra­che und Ken­taur. Doch links von ihr steht eine mit Eichen­laub ver­se­he­ne Säu­le. Das Laub steht für Fes­tig­keit im Glau­ben. Die rech­te Säu­le hin­ge­gen ist mit Wein­laub bewach­sen, das fürs leben­di­ge Wort Got­tes steht. Um in den Him­mel zu kom­men, muss­te der Mensch jedoch sei­ne Las­ter über­win­den, die auf einem Fries zwi­schen zwi­schen Erd­ge­schoss und Haupt­teil der Fas­sa­de in Form von Alle­go­rien abge­bil­det sind. Sehr schön stellt die Über­win­dung der Las­ter der por­tu­gie­si­sche Renais­sance-Dich­ter Gil Vicen­te in sei­nen frisch ins Deut­sche über­setz­ten Dra­men “Die Rei­se der See­le” und “Das Höl­len­schiff” dar.

Skulpturen an der Fassade

Einst gab es drei Skulp­tu­ren im Haupt­ge­schoss der Fas­sa­de: Zen­tral war Maria mit Jesus­kind. Neben ihr der Erz­engel Micha­el, da er den Teu­fel über­wand. An des­sen Sei­te stand Sankt Georg als Hel­fer in der Not gegen Krank­hei­ten. In ihnen fan­den die Men­schen des Mit­tel­al­ters Ansprech­part­ner. Eine inter­es­san­te Dop­pel­fi­gur wur­de in der mitt­le­ren Ach­se des Gie­bels mit König Salo­mon und Karl dem Gro­ßen geschaf­fen. Salo­mon steht für Weis­heit und Gerech­tig­keit, Karl war Grün­der der Stadt und des Rei­ches. Bischof Liud­ger mis­sio­nier­te um 790 in Karls Auf­trag und grün­de­te eine Holz­kir­che an der Aa. Über die­ser Figur ist ein Bild­schrein zu erken­nen. Sie steht im Reich Got­tes. In ihm ste­hen Maria, ein Engel/Mensch, ein Stier, ein Löwe und ein Adler. Sie ste­hen für die vier Evan­ge­lis­ten, die das Wort Got­tes in die Welt hinaustragen.

Der Engel steht für Mat­thä­us, der von der Geburt Chris­ti berich­tet, also von der Mensch­wer­dung Got­tes. Der Stier für Lukas, der die Kreu­zi­gung Jesu beschreibt, also die Erlö­sung des Men­schen durch den Opfer­tod. Mar­cus ist der Löwe, steht für Auf­er­ste­hung. Der Adler steht für Johan­nes, also die Him­mel­fahrt, und das Jüngs­te Gericht. Unter dem Bal­da­chin leben Wolf, Lamm, Löwe, Rind und Schlan­ge fried­lich zusam­men. Dane­ben befin­det sich der Pro­phet Jesa­ja. Das Ensem­ble steht für den Tem­pel­berg des himm­li­schen Jeru­sa­lem, also das neue Gottesreich.

Acht schlan­ke Säu­len krö­nen das Rat­haus. Auf ihnen befin­den sich als Wäch­ter ein Horn­blä­ser und ein Aus­schau hal­ten­der Mann. Dane­ben wie­der der Pro­phet Jesa­ja und Moses mit den Geset­zes­ta­feln. Vier Thro­nen­gel gesel­len sich dazu. Die Wäch­ter bewach­ten Jeru­sa­lems. Die Engel begrü­ßen die in den Him­mel kom­men­den Men­schen. Und heu­te die Tou­ris­ten zum Wan­dern in der Stadt wie Münster.

Wiederaufbau nach dem Krieg

Am 30. Okto­ber 1958 erst fei­er­te man nach der Zer­stö­rung durch Bom­ber der Alli­ier­ten des­sen Wie­der­auf­bau. Dies war nicht selbst­ver­ständ­lich. Es fehl­te das nöti­ge Geld dafür. Ein­zel­ne Häu­ser am eben­falls zer­stör­ten Prin­zi­pal­markt stan­den zwar wie­der seit Ende der 1940-er Jah­re. Zum Glück hat­ten die Bür­ger das wert­vol­le Inven­tar des Frie­dens­saa­les zuvor gesi­chert. Dem Ver­ein der Kauf­mann­schaft ist der Wie­der­auf­bau zu ver­dan­ken. So fris­tet Müns­ter heu­te nicht die Tris­tesse Hamms oder Kiels mit brei­ten Durch­gangs­stra­ßen zuguns­ten des Kraftfahrzeugverkehrs. 

Die Kauf­leu­te sam­mel­ten Geld über Lot­te­rien. Jedes Los kos­te­te 50 Pfen­nig. 850 000 Mark kamen zusam­men. Den Grund­stein leg­te die Stadt 1950. Der Gie­bel stand 1954. Der Prin­zi­pal­markt wur­de mit Fah­nen geschmückt. Fest­got­tes­diens­te gab es in St. Lam­ber­ti und in der Apos­tel­kir­che. Musi­ka­lisch gekrönt wur­de das Fest mit Beet­ho­vens “Freu­de schö­ner Götterfunken”. 

Auch in vie­len ande­ren Städ­ten befin­det sich an Rat­häu­sern und in Kir­chen ähn­li­che Dar­stel­lun­gen, die man beim Wan­der­ur­laub in der Stadt ent­de­cken kann. So auch im Dom zu Müns­ter, den Rei­sen­de jetzt mit die­sem Wis­sen gut vor­be­rei­tet betre­ten kön­nen. Also dann mal auf zum Wan­dern in einer Stadt wie Münster.

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