Wann bist Du das letzte Mal beim Spazierengehen im tiefen Schnee versunken? Der Reisende heute Nachmittag gemeinsam mit einer ehemaligen Klassenkameradin seiner Schwester. Sie lief zufällig vor der Haustür lang. Der Reisende schippte gerade unter großen Anstrengungen Schnee weg, als sie vorbeikam. Sie besuchte gerade ihre Mutter und wollte sich die Straßenverhältnisse anschauen, um die Rückfahrt nach Frankfurt zu planen. Doch daraus wird wohl erstmal nichts im Winterwunderland Münsterland. Da sie ohnehin im Homeoffice steckt, kann sie noch verlängern und von Münster aus arbeiten.
So viel geschneit, hat es lange nicht mehr. Der Reisende glaubt, 2010 schneite es im Münsterland zuletzt wirklich. Aber es war längst nicht so viel heruntergekommen. Und es wurde damals auch nicht so kalt. Wenn der Reisende das Fenster nachts öffne, um zu lüften, fegt ein heftiger Wind herein. Lange auszuhalten, ist das nicht.
Gang zum Rüschhaus
Es wurde beschlossen, gemeinsam durch den Schnee des Winterwunderlandes Münsterland zu laufen und das fotogene Haus Rüschhaus aufzusuchen. Der Reisende stellte die Schippe beiseite. Dies ist bekannt als Wohnort der bekannten Dichterin Annette von Droste-Hülshoff. Viele kennen die “Judenbuche” und “Der Knabe im Moor”. Gestaltet hat es der berühmte Barockbaumeister Johann Conrad Schlaun (1695–1773).
Als weiteres Ziel lockt darüber hinaus die Bronzeskulptur “Dialogue with Johann Conrad Schlaun”. Dies ließ der bekannte amerikanische Bildhauer Richard Serra anlässlich der Skulpturenausstellung am Anfang einer kleinen Allee 1996 aufstellen. Durch eine Neigung verneigt sich die Skulptur um sieben Grad vor den beiden westfälischen Großen. Das Ungetüm aus Stahl nimmt aus 270 Metern Entfernung eine Beziehung zur Tür des Rüschhauses auf, die zwei Meter hoch, 1,5 Meter breit ist. Gegossen hat man den Koloss in der Hattinger Henrichshütte, wo auch schon andere Kunstwerke Serras entstanden. Serra hatte sich zuvor bereits mit einer ganzen Reihe von Bauwerken Schlauns beschäftigt.
Schlauns bekannteste Bauwerke sind der Erbdrostenhof und das Schloss in Münster. “Pater Patriae” steht an dessen Fassade. Der Spruch steht für einen aufgeklärten Staat. Dies drückt schlicht die niedrige und aufs Stadtzentrum ausgerichtete Eingangstreppe aus. Ein Schloss für die Bürger.
Schloss zu Münster
Seit 1773 ist es offiziell Residenz des Fürstbischofs Max Friedrich von Königsegg-Rothenfels. Dieser war in Personalunion Erzbischof und Kurfürst von Köln. Er residierte sowohl in Bonn am Hofgarten, hielt sich aber auch mehrfach zwischen 1768 und 1783 in Münster auf. Durchschnittlich 69 Tage pro Jahr. Einen festen Sitz besaß er nicht. Er folgte der Tradition seit dem Mittelalter sein Leben auf Landesburgen zu verbringen. Um Münster herum waren dies Wolbeck, Ahaus, Bevergern, Horstmar und Coesfeld.
Denn die Kirchenoberhäupter leiteten auch Bistümer, von denen Osnabrück, Köln und Paderborn. Sie residierten dann im heutigen Bad Iburg im Teutoburger Wald, Schloss Neuhaus, Bonn und Brühl. Bis zum Schlossbrand am 26. März 1945 durch Bomben existierte ein Gemälde Johann Heinrich Tischbeins von Max Friedrich im Fürstensaal. Heute existiert davon zum Glück noch eine Ölskizze. Deren Eigentümer ist das Landesmuseum. In Clemenswerth in Sögel und Sassenberg bei Warendorf ging er auf die Jagd.
Auch Maximilian Franz von Österreich lebte im Schloss
Auch sein Nachfolger Maximilian Franz von Österreich (1756–1801) hielt sich dort auf. Er wurde gar im Dom zu Münster gekrönt, nachdem ihn eine sechsspännige Kutsche vom Schloss abgeholt hatte. Gefeiert wurde danach im Großen Saal. Ritter und Vertreter der Städte mussten ihm auf dem Domplatz einen Eid ablegen. 280 Tage sollte er fortan insgesamt zwischen 1784 und 1793 in Münster verbringen.
Er empfing dort 1785, 1787 und 1793 den Landtag, wo dann Domherren, Ritter und Vertreter der Städte berieten. Und er weihte drei Weihbischöfe. Auch in der Schlosskapelle nahm er seine Aufgaben wahr, nicht nur im Dom oder im Bischofspalast.
Sogar einem Teil seiner Familie diente das Schloss als Zufluchtsstätte: Seine Schwester Maria Christina und der mit ihr verheiratete Herzog Albert von Sachsen-Teschen lebten hier gut sechs Wochen. Sie waren Gouverneure der damals von Frankreich besetzten österreichischen Niederlande. Denn französische Soldaten waren nach Bonn 1792/3 im Zuge des Revolutionskrieges gekommen.
Als preußische Truppen Westfalen 1802 besetzten, war das Kapitel als fürstbischöfliche Residenz beendet. Der Freiherr vom Stein als Oberkammerpräsident und Militärgouverneur Gebhard Leberecht von Blücher, ab 1814 Fürst Blücher von Wahlstatt, zogen ein. Sie übernahmen das Heft des Handelns.
Den Spaziergang durchs Winterwunderland verlängerte der Reisende an den darauffolgenden Tagen bei strahlendem Sonnenschein. Auf dem auch bei Joggern auf Schnee beliebte Twerenfeldweg führt am Hotel Haus Hüerländer vorbei. Dort wartet auf Familien mit Kindern ein Zoo mit Damwild. Und Minigolf. Die Straße Richtung Roxel laufend, lohnt sich ein Blick auf die Wasserburg Haus Vögeding. Diese ist trotz ihrer Jahre sehr gut in Schuss. Dazu gehört auch ein größerer Bauernhof. Von dort können Besucher in der Ferne die Gipfel der Baumberge sehen. Wann wird es ein Winterwunderland Münsterland je wieder geben?
Alle Fotos bestellst Du im Bildportal — in verschiedenen Formaten. Mit einem gerahmten Foto kannst Du Deinen Arbeitstisch im Homeoffice schmücken. Mit einem Poster die Wohnung dekorieren.
Pingback: Biennale in Cerveira und in Venedig - Durchstreifen & Erleben