Kriegsorte in Frankreich besuchen

Kriegs­or­te in Frank­reich besu­chen: Als der Rei­sen­de zur Pres­se­rei­se „Wege der Erin­ne­rung 1914 — 1918“ ein­ge­la­den wur­de, fühl­te er sich hin- und her­ge­ris­sen. Das Pro­gramm ver­sprach nur Beklem­men­des. Denn es soll­te drei Tage lang über Sol­da­ten­fried­hö­fe, durch Muse­en und zu Schau­plät­zen des Ers­ten Welt­krie­ges gehen. Für Mili­tär­ge­schich­te inter­es­sier­te er sich aber wäh­rend sei­nes Geschichts­stu­di­ums nie. Es gibt Spe­zia­lis­ten, die sich unge­wöhn­lich gut mit Hee­res­be­we­gun­gen, Waf­fen, Mili­tär­fahr­zeu­gen aus­ken­nen und nahe­zu jedes Datum der Schlach­ten auf­zäh­len kön­nen. War­um auch immer!

Auf Floh­märk­ten gibt es Bücher über Gene­rä­le, Pan­zer­di­vi­sio­nen und Kriegs­schif­fe. Nur ein­mal kauf­te er sich solch ein Werk, weil ihm ein befreun­de­ter Foto­graf in der Nähe von Trom­sø die Stel­le zeig­te, an der das Wrack der Tirpitz liegt, Hit­lers Lieb­lings­schiff. Bri­ti­sche Bom­ber ver­senk­ten das Schiff in Nord­nor­we­gen. Es war beklem­mend, zum Bei­spiel Uni­form­tei­le in einem Muse­um zu sehen, die einst deut­schen See­leu­ten gehört hatten.

Kriegsorten bieten spannende Geschichten

Er kennt auch Gibral­tar im Süden Spa­ni­ens. Der heu­ti­ge Affen­fel­sen nahm einst eine wich­ti­ge stra­te­gi­sche Stel­lung zur Kon­trol­le des Mit­tel­mee­res ein. Bis heu­te erin­nert er sich ger­ne an den bri­ti­schen Kriegs­ve­te­ra­nen, der ihm erzähl­te, dass er einst auf Gibral­tar als Pilot gear­bei­tet habe. Deut­sche hät­ten sein Flug­zeug abge­schos­sen. Oder an den Bericht des Kapi­täns: Die­ser zeig­te Del­fi­ne und erzähl­te dabei, wie span­nend ein Roman über bri­ti­sche und deut­sche Spio­ne in der Bucht am Fel­sen gewe­sen sei. Geschich­te aus ande­rer Perspektive.

Die dort gemach­ten Erfah­run­gen ver­lo­cken den Rei­sen­den nun wie­der los­zu­fah­ren, um Kriegs­schau­plät­ze in Frank­reich zu besu­chen. Er will das mit eige­nen Augen sehen, was er nur aus den Geschichts­bü­chern kennt. Er will mit Men­schen spre­chen, die dort leben. Und er wird spä­ter sol­che Besu­che nach­be­rei­ten, indem er Lite­ra­tur dar­über liest. Die Reak­ti­on, der Besuch sol­cher Stät­ten sei lang­wei­lig, kann er nicht nach­voll­zie­hen. Ange­sichts hoher Besu­cher­zah­len auf Sol­da­ten­fried­hö­fen und an ande­ren Stät­ten — Erin­ne­rungs­tou­ris­mus — steht er mit die­ser Mei­nung nicht allein. Denn sol­che Stät­ten hän­gen oft mit der deut­schen Geschich­te zusammen.

Die Fol­gen sol­cher Krie­ge, das Lei­den der Men­schen, die Nutz­lo­sig­keit, dür­fen nie in Ver­ges­sen­heit gera­ten. Die Ursa­chen für Kon­flik­te müs­sen unter­sucht, Lösun­gen zur Ver­mei­dung gefun­den wer­den. Denn hin­ter span­nen­den Geschich­ten von Zeit­zeu­gen steckt oft gro­ßes Elend.

Erinnerungstourismus in Nordfrankreich

Scha­ren von Tou­ris­ten – vor­wie­gend aus Aus­tra­li­en und Kana­da – rol­len täg­lich vor die Fried­hö­fe für die Gefal­le­nen des Ers­ten Welt­krie­ges in Nord­frank­reich. Sie neh­men dafür über 20-stün­di­ge Flü­ge von Syd­ney oder Van­cou­ver nach Paris in Kauf. Auch vie­le Bri­ten sind unter den Besu­chern. Was suchen all die­se Men­schen in der Regi­on Nord-Pas-de-Calais, fast hun­dert Jah­re nach dem Kriegs­ge­sche­hen? Sind sie in den Sog des Erin­ne­rungs­tou­ris­mus gera­ten? Oder wol­len sie ein­fach nur Kriegs­or­te in Frank­reich besuchen?

Zur Stär­kung vor der Tour emp­fiehlt sich in Lil­le erst ein­mal der Besuch der Braue­rei Les 3 bras­seurs in der Nähe des Haupt­bahn­ho­fes. Dort gibt es def­ti­ges Essen. Vie­le trin­ken hier Bier, was zu Lil­le tra­di­tio­nell gehört. Mir ser­viert man Rind­fleisch mit Pom­mes Frit­tes. Frit­ten sind typisch hier. Bel­gi­en ist nahe. Das Rind­fleisch besteht aus ein­zel­nen Stü­cken, die zu einem saf­ti­gen Stück zusam­men­ge­fügt sind. Als Des­sert kommt Eis mit Spe­ku­la­ti­us auf den Tisch. Es gebe nahe Lil­le eine gro­ße Spe­ku­la­ti­us-Fabrik, erklärt man uns. Daher gehör­ten Spe­ku­la­ti­us immer zum Essen. Dann geht es nach Arras.

Ehrenmal in Fromelles

Vie­le Tou­ris­ten strö­men in der Nähe von Arras zu einem neu­en aus­tra­li­schen Ehren­mal von 1998 in Fro­mel­les. Hier ver­lief län­ge­re Zeit die West­front. Aus­tra­li­en muss­te am 23. August 1914 gemein­sam mit den ande­ren Domi­ni­ons Kana­da, Süd­afri­ka und Neu­see­land sowie mit der Kolo­nie Bri­tisch-Indi­en in den Krieg ein­tre­ten. Das Denk­mal zeigt einen breit­bei­nig gehen­den Sol­da­ten mit gebeug­tem Kopf, der einen toten Kame­ra­den auf sei­nen Schul­tern schleppt. Er steht für 5.000 Aus­tra­li­er, die hier in einem über 24 Stun­den dau­ern­den Kampf gegen die Deut­schen im Jah­re 1916 ihr Leben ver­lo­ren. Für vie­le Aus­tra­li­er ist dies bis heu­te eines der schlimms­ten Ereig­nis­se ihrer Geschich­te. Die Män­ner wur­den von Maschinengewehrsalven…

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Film: LaM in Lille

Hasen

Zwei Hasen schau­en ein­an­der an. Einer über­reicht dem ande­ren etwas. Erwar­tungs­voll öff­net die­ser die Arme. Die bei­den Skulp­tu­ren sind die Publi­kums­lieb­lin­ge im Muse­um für moder­ne Kunst, zeit­ge­nös­si­sche Kunst und Art brut in Lil­le (LaM). Jeder sieht sofort, dass der Künst­ler im Grun­de eine Frau und einen Mann geschaf­fen hat, die mit­ein­an­der tan­zen. Über den Humor ver­bin­de man zeit­ge­nös­si­sche eigent­lich nicht, sagt eine der Kura­to­rin­nen. Doch so wol­le man die Besu­cher an aktu­el­le The­men heranführen.

Aben­teu­er Muse­um. Das LaM in Lil­le“ — der arte-Film ver­mit­telt sehr gut das Beson­de­re die­ses Muse­ums. Es stellt die ver­staub­ten Kunst­mu­se­en in Paris in Sachen Kunst­ver­mitt­lung klar in den Schat­ten. In Paris wer­den wert­vol­le Gemäl­de bloß zur Schau gestellt. Dabei sind die Ein­nah­men durch die hohe Zahl der Besu­cher sicher üppig, um gute Muse­ums­di­dak­tik auf­zu­bau­en. Doch das scheint man nicht für nötig zu hal­ten. Kein Wun­der, dass ins Lou­vre zum Bei­spiel die Sel­fie-Kul­tur vor der Mona Lisa ein­ge­zo­gen ist. 

Eben­so arbei­tet der Film gut die beson­de­re Lage der Kunst­hal­le her­aus. Es liegt außer­halb Lil­les in einem Park. Es sind Jog­ger zu sehen, die auch dazu ein­ge­la­den sind, sich die Bil­der und Skulp­tu­ren anzu­schau­en. Lil­le liegt nahe an Bel­gi­en und Eng­land, öff­net sich so aus Sicht der Fran­zo­sen nach „Nord­eu­ro­pa“. Das Muse­um soll zum All­tag der Men­schen gehö­ren, Teil eines Netz­wer­kes sein.

Der sehens­wer­te Film steht in der Media­thek zur Ansicht bereit. Schnell anschau­en, bevor er wie­der abge­setzt wird.

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Renaissance-Fest auf der Grand Place

Renais­sance-Fest auf der Grand Place: Nach Lil­le lockt den Rei­sen­den einer­seits die Aus­sicht mit dem Renais­sance-Fest auf der Grand Place, die Kul­tur­haupt­stadt 2004 mit ande­ren Kul­tur­haupt­städ­ten zu ver­glei­chen. Die in Väs­ter­bot­ten lie­gen­de Stadt Umeå ist seit 2010 schwe­di­sche Kul­tur­haupt­stadt. Aar­hus in Mit­tel­jüt­land setzt die­se Rei­he in Däne­mark 2018 fort. Bei­de Städ­te kennt der Rei­sen­de gut. Denn er reist regel­mä­ßig durch Skandinavien.

Ande­rer­seits wird sich dort vor 500.000 Besu­chern ein Renais­sance-Fest auf der Grand Place abspie­len. Die­ses fin­det fast jedes Jahr statt, selbst aktu­ell in Zei­ten der Coro­na-Pan­de­mie. Erst kurz davor ist der Rei­sen­de mit dem Fahr­rad von Bonn aus auf­ge­bro­chen, um auf 1.100 Kilo­me­tern nicht nur den Nie­der­rhein und den süd­li­chen Teu­to­bur­ger Wald anzu­schau­en. Er woll­te sich auch von der Weser-Renais­sance inspi­rie­ren las­sen. Her­vor­ra­gen­de archi­tek­to­ni­sche Per­len aus dem 15. und 16. Jahr­hun­dert sind zum Bei­spiel das Bre­mer Rat­haus, das Schloss Hämel­schen­burg vor sowie das Rat­ten­fän­ger­haus in Hameln. Renais­sance hat ihn also ziem­lich inspiriert.

Spannung aufs Renaissance-Fest auf der Grand Place

Wer­den die aus Rio, Detroit und Seo­ul ange­reis­ten Akteu­re his­to­ri­sche Gewän­der tra­gen? Durch­strömt Musik aus die­ser Zeit die Stadt? Dort sind auch noch Häu­ser aus Renais­sance und Barock erhal­ten. Wird aus Lite­ra­tur des Renais­sance zitiert? Etwa aus Thea­ter­stü­cken des berühm­ten por­tu­gie­si­schen Dra­ma­ti­kers Gil Vicen­te? Vicen­te ist auch Fran­zo­sen gut bekannt. Por­tu­gie­si­sche Ein­wan­de­rer haben ihn in Frank­reich ein­ge­führt. Vie­le sei­ner Stü­cke wur­den ins Fran­zö­si­sche übersetzt.

Ange­kün­digt ist eine Trans­for­ma­ti­on der his­to­ri­schen Renais­sance in die heu­ti­ge Zeit. Hier nun eini­ge Bei­spie­le vom Renais­sance-Fest auf der Gand Place. Die ent­spre­chen­den Fotos sind oben in der Dia­show zu sehen:

Hier folgt nun ein Aus­schnitt aus dem dem Renais­sance-Fest auf dem Grand Place: God­zil­la steigt am Bahn­hof Gare Lil­le Fland­res in die Luft. Bie­tet der dort star­ten­de gro­ße Umzug Ein­bli­cke ins ame­ri­ka­ni­sche Kino? Wei­te­re Gigan­ten bele­ben das Stadt­bild: hier ein ori­en­ta­li­scher Herr­scher mit Mina­ret­ten auf dem Kopf. Dort zieht ein Kari­be mit Feder­busch durch die Stra­ßen. Ihm folgt ein King Kong ähn­li­cher Goril­la. Die Grand Place bie­tet also reich­lich Gele­gen­heit für ein Foto-Shooting.

Fast wie „Le Bal des Quat’z’arts descendant les Champs-Elysées“

Die Sze­ne­rie erin­nert an das im Palais des Beaux-Arts hän­gen­de Gemäl­de „Le Bal des Qua­t’­z’arts des­cen­dant les Champs-Ely­sées“. Geor­ge-Antoine Roche­gras­se stellt dar­auf das Künst­ler­fest von 1894 auf den Champs-Ely­sées in Paris dar. Fröh­li­che Men­schen aus fast allen Erd­tei­len der Welt und aus unter­schied­li­chen Epo­chen sind dar­auf abge­bil­det. Die 1890-er Jah­re bil­den den Höhe­punkt des fran­zö­si­schen Impe­ria­lis­mus. Frank­reich erobert gro­ße Gebie­te in Afri­ka und Asi­en und kann damit Eng­land die Stirn bie­ten. Das Bild kann man als Pro­pa­gan­da­bild deu­ten. Nach dem deut­schen Sieg von 1870/71 hat Frank­reich eine neue Iden­ti­tät gefun­den. Es kann sei­nen Natio­nal­stolz in neu­er Iden­ti­tät als Repu­blik und Kolo­ni­al­macht behaupten.

Aus der Vogel­per­spek­ti­ve sind die zusam­men­lau­fen­den Stra­ßen gut zu sehen. Hier­durch zie­hen in der Dun­kel­heit die ers­ten Wagen. Die beglei­ten­de Musik erin­nern an den Kar­ne­val von Rio. Eine Laser­show hüllt Tän­zer und Musi­ker in unwirk­li­che Farben.

Aber mit einer Trans­for­ma­ti­on von der Renais­sance in die Moder­ne hat dies wenig zu tun. Oder?

Unter die­sem Ein­druck führt der Weg ins uri­ge Restau­rant “Au bar­bue d’Anvers”. Dort kann jeder dem Rum­mel gut ent­ge­hen, um sich in Ruhe auf einen wei­te­ren Kul­tur­tag in Lil­le vorzubereiten.

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Abenteuer Museum: LaM in Lille

Aben­teu­er Muse­um: LaM in Lil­le. In gut vier Wochen beginnt die Fuß­ball-Euro­pa­meis­ter­schaft in Frank­reich. Seit gut zwei Wochen stel­le der Rei­sen­de daher die Stadt Lil­le in Nord­frank­reich vor. Dort gas­tiert die deut­sche Nationalmannschaft.

Als der Rei­sen­de heu­te mor­gen das Fern­seh-Pro­gramm nach span­nen­den Bei­trä­gen durch­fors­te­te, dach­te er: Das ist nicht mög­lich. Vor eini­gen Tagen noch bot er ver­schie­de­nen Print-Medi­en eine gro­ße Repor­ta­ge an über die span­nen­de Art der Nord­fran­zo­sen, Kunst dar­zu­stel­len. Den Kunst­hal­len in Flan­dern ist die Hand­schrift der Gestal­ter der Kul­tur­haupt­stadt 2004 anzu­se­hen. Dage­gen kommt die Dar­bie­tung von Kunst in Paris gera­de­zu ver­staubt daher und mitt­ler­wei­le auch man­ches Gebäu­de wie zum Bei­spiel das Cent­re Pom­pi­dou.

LaM in Lille ist ein echtes Schmuckstück

Der Fern­seh­sen­der arte stellt jetzt in Aben­teu­er Muse­um ein ech­tes Schmuck­stück unter den Muse­en Lil­les vor: das „Lil­le Métro­po­le Musée d’art moder­ne“ (LaM). Dass es ein Juwel ist, liegt schon dar­an, dass es in einer von Wie­sen und Wald umsäum­ten Park­land­schaft bei Ville­neuve-d’A­scq liegt. Es gibt nicht vie­le fran­zö­si­sche Muse­en die­ses Typs. Denn die meis­ten lie­gen in den Stadt­zen­tren. Auch die Archi­tek­tur des Gebäu­des ist in Frank­reich etwas Neu­ar­ti­ges. Wie der Rei­sen­de an der Beschrei­bung des Bei­trags gese­hen hat, wer­den die Autoren wohl dar­auf ein­ge­hen. Innen war­tet vor allem moder­ne Kunst auf die Besu­cher. Nicht nur Gemäl­de, son­dern auch Skulp­tu­ren und audio­vi­su­el­le Medi­en gibt es zu bestau­nen. Ganz in der Nähe des LaM liegt gar ein im art-déco errich­te­tes Schwimm­bad. Schwim­mer wird man dort nicht mehr fin­den, dafür aber den Zeit­geist des ers­ten Drit­tels des 20.Jahrhunderts.

Arte zeigt am kom­men­den Sonntag,

15. Mai, 17:35–18:30 Uhr

Aben­teu­er Museum

Das LaM in Lille

Durch­strei­fen & Erle­ben ist gespannt auf den Film. Wer es gar nicht erwar­ten kann, kann vor­ab den Arti­kel “Pro­vinz-Indus­trie­stadt schlägt Haupt­stadt” in der in Wien erschei­nen­den Zei­tung “Die Pres­se” lesen. Dort stellt der Rei­sen­de wich­ti­ge Bestand­tei­le der Kunst-Sze­ne Lil­les in Wort und Bild vor.

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Im schönsten Innenhof Lilles?

Am Grand Place gibt es einen schö­nen Innen­hof, in dem täg­lich auf einem Floh­markt Bücher, Zeit­schrif­ten und Schall­plat­ten ver­kauft wer­den. An zwei Tischen spie­len Män­ner Schach. Sol­che Sze­nen mag ich gerne.

Lille-Innenhof-Flohmarkt

Wäh­rend mei­nes Eras­mus-Stu­di­um in Bar­ce­lo­na bin ich oft in ein Café in der Nähe der Uni­ver­si­tät gegan­gen, wo die Leu­te Schach und Domi­no gespielt haben. Sol­che Cafés sind eine gute Mög­lich­keit, Land und Leu­te ken­nen zu lernen.

Hin­ter dem Innen­hof beginnt die Geschäfts­welt. Es ist gar nicht so lan­ge her, dass die Alt­stadt reno­viert wur­de. „Als die Alt­stadt attrak­tiv wur­de, zogen Luxus­ge­schäf­te in die Rue de la Mon­naie.“ Wie Anne erklärt, gebe es mit der Rue de la Mon­naie und der Rue de la Gran­de- Chaus­sée zwei Haupt­ein­kaufs­stra­ßen. „20 Pro­zent der Kun­den kom­men aus Bel­gi­en der Mode wegen“, erzählt Anne. „Bel­gi­sche Frau­en sagen: Was ich haben will, fin­de ich in Lille.“

In den Geschäf­ten fin­den sich daher auf Bel­gie­rin­nen zuge­schnit­te­ne Klei­der. Aber jeder drit­te Laden scheint auch ein Schuh­ge­schäft zu sein. „Die Geschäf­te sind ein biss­chen teu­er, aber gut.“ Die Mie­te sei hoch hier. Ihre Toch­ter zah­le für 50 Qua­drat­me­ter 800 Euro. Dies hän­ge mit der hohen Nach­fra­ge nach Wohn­raum zusammen.

Bei sol­chen Mie­ten muss man­cher sich das Leben versüßen.Entweder beim Fein­kost­händ­ler mit einem in Jugend­stil aus­ge­stat­te­ten Geschäft oder mit „Cra­mi­que de sucre“, ein süßes Brot mit einer zar­ten brau­nen und mit Zucker über­zo­ge­nen Krus­te; es ent­hält Rosi­nen. In einer Bäcke­rei kos­ten 500 Gramm stol­ze 6,60 Euro.

Fort­set­zung folgt.

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Lille schmückt edles Gestein

Nach dem Besuch der Bäcke­rei und der Ver­kös­ti­gung mit Cra­mi­que du Sucre in der Geschäfts­zo­ne Lil­les in Flan­dern führt Anne in ein schö­nes Tex­til­ge­schäft. Dort in der Alt­stadt zeigt sie uns ein har­tes Gewöl­be aus Blau­stein. „Alle Gebäu­de in der Alt­stadt ver­fü­gen über sol­che Kel­ler“, erklärt Anne. Sie sei­en aus Blau­stein erbaut, einem har­ten Kalk­stein, der nicht alte­re, so dass man auch auf ihm im Gegen­satz zu Sand­stein lau­fen kön­ne. Er wer­de in einer Ent­fer­nung von 30 Kilo­me­tern in Bel­gi­en abge­baut. Das Gewöl­be stam­me aus dem 17. Jahr­hun­dert, unge­fähr zu der Zeit, als Lud­wig XIV. Lil­le bela­ger­te. Der König woll­te die durch Tuch­han­del reich gewor­de­ne Stadt ins Reich eingliedern.

An solch einer Archi­tek­tur macht Anne deut­lich, war­um Lil­le Kul­tur­haupt­stadt ist. Denn die alten Häu­ser fal­len nicht der Abriss­bir­ne zum Opfer, wie es auch in Aar­hus zu sehen ist. Das Hafen­vier­tel der Kul­tur­haupt­stadt 2017 erwacht zu Leben, indem Archi­tek­ten dort alte Fabrik­ge­bäu­de reno­vie­ren las­sen und für jun­ge Unter­neh­men öff­nen. Aber auch eine Strand­bar, ein Vol­ley­ball­feld und Schwimm­mög­lich­kei­ten für die Bür­ger gibt es seit kur­zem. So bleibt der Cha­rak­ter der Stadt erhal­ten. Der Tou­rist wan­delt durch die Ver­gan­gen­heit wie durch har­tes Gewöl­be aus Blau­stein, sieht aber schon die Zukunft.

Ein wenig an die Geschich­te der Sagra­da Fami­lia in Bar­ce­lo­na erin­nert die Bau­ge­schich­te der Kathe­dra­le Not­re-Dame-de-la-Treil­le. Mit ihr schließt Anne die Füh­rung durch Lil­le ab. 1854 begann der Bau der neo­go­ti­schen Kir­che. Erst Weih­nach­ten 1999 wur­de er mit einer beson­de­ren Fas­sa­de voll­endet. „An der West­sei­te erhebt sich eine Fas­sa­de aus leuch­ten­dem por­tu­gie­si­schen Mar­mor. Sie ist eine Beson­der­heit, denn durch den Mar­mor dringt das Licht aus der Welt in die Kir­che ein. Wenn die Son­ne dar­auf scheint, fühlt sie sich warm an. Von innen ist sie fast honig­far­ben. Von außen strahlt sie weiß.

Mor­gen fährt der Rei­sen­de nach Paris. Dort trifft er sei­ne Freun­din Alex­an­dra wieder.

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Wanderung zur Burg Are

Wan­de­rung zur Burg Are: Jähr­lich radelt der Rei­sen­de am Fluss Ahr ent­lang von Blan­ken­heim nach Rema­gen. Wenn er dabei aus dem Tal ins Ahr­ge­bir­ge schaut, denkt er, dass eine Wan­de­rung durch die Wein­ber­ge im Ver­gleich zum Rad­fah­ren doch nur ziem­lich lang­wei­lig sein kann. Das Ahr­ge­bir­ge liegt zwi­schen Bonn und Koblenz, isst eines der Attrak­tio­nen für Wochenendausflügler.

Wenn noch nicht die Blät­ter an den Reben sprie­ßen, sieht es an den Hän­gen der Wein­ber­ge kahl aus. Ja, es gibt hier Wein­ber­ge. Nicht erst an der Mosel, son­dern schon vor Koblenz. Das Ahr­ge­bir­ge weist 500 Hekt­ar Reb­flä­che auf. Und die Ahr ist mit rund 80 Pro­zent roten Reb­sor­ten sogar das größ­te geschlos­se­ne Rot­wein­an­bau­ge­biet Deutsch­lands. Das wuss­te der Rei­sen­de auch nicht bis­her. In Bonn ist Wein von der Ahr schwer zu fin­den. Aber in den Wirts­häu­sern ist er zu krie­gen. Und schmeckt erfrischend.

Trister Eindruck täuscht

Zum tris­ten Ein­druck der Wan­der­we­ge ober­halb des Ahrtals trägt auch bei: Die Wege zwi­schen den Wein­stö­cken tre­ten deut­lich her­vor. Es sieht so aus, als wären Wan­de­rer oben nur auf Asphalt unter­wegs. Von Idyl­le zwi­schen appe­tit­li­chen Früch­ten in fri­schem Grün kei­ne Spur.
Aber als der Rei­sen­de mit Bon­ner Freun­den an Chris­ti Him­mel­fahrt mit Wan­der­stie­feln unter­wegs war, ent­deck­te er: Die­ser Ein­druck täuscht. Es gibt zwi­schen den Orten Alte­n­ahr und Rech vie­le schö­ne Rund­we­ge. Die­se sind abwechs­lungs­reich. Sie laden zum Lust­wan­deln an der Ahr, zum Durch­strei­fen und Ent­de­cken der hier lie­gen­den Wäl­der, Fel­der und Dör­fer ein. Natür­lich gibt es auch Asphalt, was ins­be­son­de­re die Etap­pen ab Sin­zig betrifft.

Schon immer sah der Rei­sen­de auf sei­nen Trips am Fluss die Burg Are in der Höhe lie­gen. Am Fei­er­tag stieg er end­lich auch mal zur Rui­ne her­auf. Dort bie­tet sich ein schö­ner Pan­ora­ma­blick an. Ande­re Besu­cher brei­te­ten auf den umlie­gen­den Wie­sen Pick­nick­de­cken aus. Alles neu macht der Mai. Wan­de­rung zur Burg Are: ein schö­ner Start der Sai­son im Jah­re 2016.

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Silberne Lilie ist Lilles Wahrzeichen

Schon kurz nach dem Ein­che­cken ins Hotel in Lil­le gibt es eine Stadt­füh­rung durchs Zen­trum. Von der Kapel­le im Rat­haus der Stadt führt Anne vom ehe­ma­li­gen Rat­haus zur Grand Place: einem quir­li­gen Platz. An einer Trep­pe steht ein Far­bi­ger. Auf sein selbst­ge­bau­tes Glo­cken­spiel drischt er mit Trom­mel­schlä­gern ein. Es klirrt schmerz­haft. Seit­lich am Instru­ment wehen fran­zö­si­sche Fahnen.

Vor die­ser Geräusch­ku­lis­se und vorm schöns­ten Haus der Stadt – La Vieil­le Bour­se – erfah­re ich, wie es zum Namen der Stadt gekom­men ist. Er set­ze sich aus Lilie + Insel zusam­men, erklärt Anne. Der alt­fran­zö­si­sche Name L’Isle lei­te sich von der ursprüng­li­chen Lage der Stadt auf einer Sumpf­in­sel im Tal der Deû­le ab. Am Gie­bel ist eine sil­ber­ne Lilie mit den Löwen von Flan­dern abge­bil­det, ein belieb­tes Foto­mo­tiv. Die 1653 errich­te­te Bör­se setzt sich aus 24 schma­len hohen Häu­sern zusam­men. „Die­se Form ist typisch für Flan­dern“, sagt Anne. Dies habe etwas mit dem Steu­er­sys­tem zu tun. „Bei einer schma­len Fas­sa­de fiel die Steu­er nicht so hoch aus.“ In die­sen Häu­sern wohn­ten 24 Fami­li­en der Händ­ler. Flan­dern wur­de 1653 von Phil­ipp von Spa­ni­en regiert.

An ein wei­te­res wich­ti­ges Ereig­nis erin­nert eine Göt­tin mit einer Kano­nenlun­te in der Hand. Sie steht hoch auf einer Säu­le. 1792 bela­ger­ten 35.000 öster­rei­chi­sche Sol­da­ten die Stadt. Es han­del­te sich um den ers­ten Koali­ti­ons­krieg zwi­schen Öster­reich, Preu­ßen und Frank­reich, in den auch Lil­le invol­viert war. „Colon­ne de la Dées­se“ heißt die Säu­le. Auf You­Tube kannst Du Annes Vor­trag anklicken.

Frankreich-Lille-Grand-Place klein

In der Nähe steht „Die Stim­me des Nor­dens“, das 1934 erbau­te Haus der Zei­tung „La voix du Nord“. 28 Fens­ter ste­hen für 28 Aus­ga­ben. Auf dem Dach ste­hen drei gol­de­ne Gra­zi­en, die für die frü­he­ren Graf­schaf­ten Artois, Hainault und Flan­dern ste­hen. Die lin­ke Dame zum Bei­spiel ist mit einem Schiff dar­ge­stellt. Sie sym­bo­li­siert so die an der Küs­te lie­gen­de his­to­ri­sche Pro­vinz Artois. Alle Graf­schaf­ten bil­den das Depar­te­ment Nord-Pas-de-Calais mit 4,5 Mil­lio­nen Einwohnern.

Wäh­rend Annes Vor­trag dreht ein ver­wirr­ter Mann wie Tiger im Käfig um unse­re Grup­pe sei­ne Run­den; er stößt Flü­che über die Welt­ver­schwö­rung aus. Etwas fürch­te ich mich vor ihm. Denn ich weiß nicht, was er als nächs­tes tun wird. Inmit­ten der male­ri­schen Kulis­se der Häu­ser aus der Zeit des Barock und der Renais­sance ver­ges­se ich das küh­le Erschei­nungs­bild der Stadt beim Emp­fang. „Jetzt reicht es mit der Geschich­te!“ Anne ruft zur Besich­ti­gung eines schö­nen Innen­hofs auf.


Fort­set­zung folgt.

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