„Den Toten zur Ehre“: Ganz in der Nähe steht an der Dorfkirche St. Sebastian in Nienberge bei Münster ein künstlerisch wertvolles Kriegerdenkmal. Selten bleibt jemand hier stehen. Nur am Volkstrauertag (immer zwei Sonntage vor dem ersten Adventssonntag) gedenkt die Soldatenkameradschaft der Gefallenen beider Weltkriege.
Dargestellt ist ein Genius. Er ist mit einer Hand gefesselt an einem seiner Krone beraubten Eichbaum. Er beugt sich gramvoll zu einem toten Soldaten in deutscher Uniform nieder. Die andere freie Hand streckt er ihm entgegen. Neben dem Soldaten liegt ein Stahlhelm. Unter ihm ist Munition zu sehen. Den Tornister trägt er noch auf dem Rücken. Die Inschrift des 1921 errichteten Denkmals lautet in großen Lettern: „Den Toten zur Ehre, den Lebenden zur Mahnung“.
Niemand ruft mit diesem Monument auf, politisch zu handeln. Der Genius kommt von links wie der Engel der Verkündigung auf mittelalterlichen Darstellungen. Die Mahnung liegt sowohl im gefesselten Genius als auch in der gekürzten Eiche — bildhafte Symbole für das damalige Deutschland um 1921. Keiner wusste kurz nach Gründung der Weimarer Republik und dem Diktat des Versailler Vertrages, wie es weitergehen sollte. Der Genius ist nicht religiös gebunden. Er steht über allen Dingen und ist unparteiisch.
Größtes Lager für Kriegsgefangene: Zum Vergleich nach Deutschland, um zu sehen, wie man dort während des Krieges und danach Friedhöfe und Denkmäler gestaltete: In Nienberge nahe Münster befand sich während des Ersten Weltkrieges das größte Gefangenenlager Nordwestdeutschlands, heute als Haus Spital bekannt. Nur vereinzelt kommen Besucher. Einsam liegt die im Volksmund „Russenfriedhof“ genannte Kriegsgräberstätte, umgeben von Platanen und heimischen Laubbäumen. „Requiescant in pace“ — „Sie mögen ruhen in Frieden“ — steht am doppelflügeligen Eingangstor. Auch die griechischen Buchstaben Alpha und Omega, Anfang und Ende, sind zu sehen. Christus steht an Anfang und Ende allen Seins, umfasst also die Weltgeschichte. Alles ruht in Gottes Hand. Von deutschen Soldaten bewacht, ordneten Gefangene aus England, Russland, Belgien, Italien und Frankreich ihre Angelegenheiten selbst, alle Berufe waren vertreten.
Für die Kranken wurde ein Lazarett eingerichtet, für die Toten ein eigener Friedhof. 770 Namen französischer, belgischer und russischer Kriegsgefangener sind auf einer Gedenksäule und auf Tafeln eingemeißelt. Franzosen, Belgier, Engländer und Italiener wurden umgebettet, jetzt liegen hier noch Russen, Polen, Ukrainer, Wolgadeutsche und ein indischer Stammesfürst. In Zusammenarbeit mit dem Lagerkommandanten gestaltete der Architekt Duthoit die Anlage. Er stammte aus Lille. Er entwarf selbst Form und Beschriftung jedes Einzelteils. Dafür standen ihm die Steinmetze und Schmiede unter den Gefangenen zur Verfügung. Auf einem Gedenkstein steht „Pro Patria“.
Erinnerungstourismus gibt es nicht. Aber die katholische Gemeinde St. Sebastian gedenkt der Gestorbenen an den Totengedenktagen im November.
„Den Toten zur Ehre“
Ganz in der Nähe steht an der Dorfkirche St. Sebastian in Nienberge bei Münster ein künstlerisch wertvolles Kriegerdenkmal. Selten bleibt jemand hier stehen. Nur am Volkstrauertag (immer zwei Sonntage vor dem ersten Adventssonntag) gedenkt die Soldatenkameradschaft der Gefallenen beider Weltkriege.
Dargestellt ist ein Genius. Er ist mit einer Hand gefesselt an einem seiner Krone beraubten Eichbaum. Er beugt sich gramvoll zu einem toten Soldaten in deutscher Uniform nieder. Die andere freie Hand streckt er ihm entgegen. Neben dem Soldaten liegt ein Stahlhelm. Unter ihm ist Munition zu sehen. Den Tornister trägt er noch auf dem Rücken. Die Inschrift des 1921 errichteten Denkmals lautet in großen Lettern: „Den Toten zur Ehre, den Lebenden zur Mahnung“.
Niemand ruft mit diesem Monument auf, politisch zu handeln. Der Genius kommt von links wie der Engel der Verkündigung auf mittelalterlichen Darstellungen. Die Mahnung liegt sowohl im gefesselten Genius als auch in der gekürzten Eiche — bildhafte Symbole für das damalige Deutschland um 1921. Keiner wusste kurz nach Gründung der Weimarer Republik und dem Diktat des Versailler Vertrages, wie es weitergehen sollte. Der Genius ist nicht religiös gebunden. Er steht über allen Dingen und ist unparteiisch. Auch Linden waren symbolisch im Krieg.
Soldatengräber Prediger des Friedens: Auf dem größten deutschen Soldatenfriedhof Frankreichs, Neuville Saint Vaast bei Arras, streift eine Gruppe von gut 20, zum Teil tätowierten, relativ jungen Besuchern aus Schottland über Wege und Rasenflächen. Ob sie auch den Satz Albert Schweitzers „Die Soldatengräber sind die großen Prediger des Friedens“ gesehen haben? Diese Aussage steht auf einer Tafel im Eingangstor. Dort erhebt sich auch eine Jesusstatue. Christus steht in der Osternacht aus seinem Grab auf und trägt die Fahne des Sieges über den Tod. Der Tod auf dem Schlachtfeld sollte nicht das Ende bedeuten. Einer geschlagenen Nation sollte dies neue Hoffnung aus christlichem Glauben geben.
In Neuville Saint Vaast ruhen 44.833 deutsche Soldaten. Auf ihren Gräbern stehen schmucklose schwarze Metallkreuze auf gepflegtem Rasen, umgeben von uralten Bäumen. Auf den Kreuzen sind Regiment, Name sowie das Geburts- und Todesdatum der Gefallenen verzeichnet. Schlichte und asketische Stimmung sollte so ausgedrückt werden. Die Denkmäler, die man nach Gründung des Deutschen Reiches 1871 errichtet hatte, wurden als überladen und pompös empfunden.
“Ich hatt’ einen Kameraden”
Einige unter den jungen schottischen Besuchern haben ein Massengrab entdeckt, in dem 7.000 deutsche Soldaten liegen. Auf einer Steinplatte steht, dass ihre Namen unbekannt seien. „Das ist traurig“, sagt einer von ihnen. Ihm werde die Größe des Leids und die Sinnlosigkeit der Kampfhandlungen hierdurch besonders klar. Die Schotten finden auf dem Friedhof auch den Vers „Ich hatt’ einen Kameraden, einen Bessern findst Du nicht“. Er steht auf einem Gedenkstein. Über dem Vers ist ein eisernes Kreuz in den Stein gemeißelt. Er stammt aus einem bekannten Soldatenlied, gesungen während der gegen Napoleon geführten Befreiungskriege Anfang des 19. Jahrhunderts, heute noch gesungen am Volkstrauertag und auf Trauerfeiern für gefallene Soldaten.
Das eiserne Kreuz hat Schinkel zur Zeit der Befreiungskriege entworfen. Gedacht wird hier der fürs Vaterland gefallenen Kameraden. Der Friedhof wirkt aus heutiger Sicht durch dieses Arrangement versöhnlich: Der Tod ist überwunden. Christus hat über ihn gesiegt: Es gibt Hoffnung auf Auferstehung. Nun soll der Friede bewahrt bleiben. Immerhin durften auf dem Gedenkstein die Sätze „Gefallen fürs Vaterland“ und der Vers des Liedes aus den Befreiungskriegen verwendet werden; dies spricht für viel Toleranz der Franzosen schon kurz nach dem Krieg. Zum Vergleich nun von Frankreich nach Deutschland.
In der “Lokalzeit Bonn” spreche ich mit Moderatorin Sybille Schütt über Reise-Internetportale. Es geht um Tipps und Erfahrungen beim Buchen von Unterkünften bei einheimischen Gastgebern. Portale wie http://www.wimdu.de oder http://www.airbnb.de bieten diesen Service an. Viel Spaß beim Zuschauen!
Heute abend bin ich zwischen 19.30 Uhr und 20.00 Uhr Studiogast in der WDR-Sendung “Lokalzeit aus Bonn”. Es geht um Tipps und Erfahrungen beim Buchen von Unterkünften bei einheimischen Gastgebern. Viel Spaß beim Zuschauen!
Rudard Kipling gestaltete Gedenkstein: Die Anlage entspricht dem Grundplan englischer Friedhöfe: Um ein Opferkreuz und einen Gedenkstein im Mittelpunkt gruppieren sich die Gräber. Der schwere massive Gedenkstein ist wie ein Altar geformt, ein Symbol für den Opfertod. Die Inschrift lautet: „Their name liveth for evermore“ (Der Name der Gefallenen lebt auf ewig fort). Rudyard Kipling, der der 1916 gegründeten britischen Kriegsgräber-Organisation angehörte, hat diesen Vers dem Buch Sirach entnommen. Rudyard Kipling gestaltete den Gedenkstein. Die Seele der Toten weilt demnach hier, auch wenn niemand weiß, wo der Soldat gestorben ist. Und ihre Namen sind das, was bleibt; das bedeutet etwas in Großbritannien.
Schwierig ist die Deutung des daneben stehenden Kreuzes. Ein Kreuz oder ein Schwert sind in es eingearbeitet. Kipling deutet es als „ein starres Schwert, das im Schoß des Kreuzes hing, dessen Symbolik unbestimmt war.“ Man kann es als Kriegsopfer und als Hoffnung auf die Auferstehung deuten.
Nach dem Zweiten Weltkrieg vollzog sich ein radikaler Wandel der Erinnerungskultur an die Kriegsgeschehnisse. Bundeskanzler Helmut Kohl und Staatspräsident FrançoisMitterand setzten sich für Versöhnung zwischen den ehemaligen Feinden ein.
Architekten gestalteten Soldatenfriedhöfe: Nur wenige Schritte vom Denkmal entfernt liegt ein weiterer Friedhof: „Le Trou Aid Post Cemetery“ von Fleurbaix. Hier liegen 356 Soldaten des Commonwealth begraben. Dieser Friedhof wurde von Sir Herbert Baker entworfen, der auch die Pläne für das indische Parlament in Delhi und die heutige Residenz des südafrikanischen Präsidenten in Pretoria gezeichnet hat. Kurz nach dem Krieg rief man die renommiertesten britischen Architekten auf, eine Umgestaltung der Militärfriedhöfe des Empires zu planen.
Über eine steinerne Brücke betreten Besucher das Torhäuschen aus Naturstein. Jeder soll sich hier so fühlen wie beim Eintritt in eine abgeschiedene Welt. In der Halle tragen sich viele der Gäste ins offene Besucherbuch ein. Auf jeder Seite findet man mindestens zehn Namen. Manche kommen aus West Yorkshire, Manchester, London und Kairo, sogar aus Griffith und Sydney in Australien. Selbst Rudyard Kipling, der Schöpfer des Dschungelbuchs, spielt hier eine Rolle.
Trauer mischt sich mit Stolz: Die australischen Soldaten sahen ihre Beteiligung am Krieg als ehrenvollen Einsatz auf dem Wege zu einer australischen nationalen Identität. „Durch den modernen Krieg sind viele erstmals dem organisierten Massentod begegnet“, schreibt der amerikanische Historiker George L. Mosse. Überall habe man die Toten beweint. Aber in die Trauer habe sich oft ein Gefühl des Stolzes gemischt, das Empfinden, für eine edle Sache gekämpft und ein Opfer gebracht zu haben. Dem Tod der Soldaten sei so ein Sinn gegeben worden, sie seien für ihr Vaterland gestorben. „Letztlich ging es darum“, schreibt Mosse, „eine an sich unerträgliche Vergangenheit erträglich zu machen, nicht nur um Trost zu spenden, sondern vor allem, um die Nation zu rechtfertigen, in deren Namen der Krieg geführt worden war.“
Australien konnte sich als neues selbstbewusstes Land präsentieren, politisch und kulturell unabhängig von den Briten. Die Unterschrift unter den Versailler Vertrag von 1919 durfte man wie die anderen Dominions leisten. Man übte damit ein Recht aus, das sonst nur dem englischen König vorbehalten war. Für den Eintritt in den Zweiten Weltkrieg entschieden sich dann die ehemaligen Dominions selbständig. Dadurch fühlen sie sich bis heute miteinander verbunden. Australien gehört daher bis heute dem Commonwealth an. Die darin vereinten Staaten kämpften so für das Britische Empire. Vom Commonwealth beginnen sich aktuell die ersten Länder zu lösen nach dem Tod von Queen Elizabeth im September 2022. Der Weg der Erinnerung führt weiter zum nächsten interessanten Ort, gestaltet von einem renommierten Architekten.
Rudyard Kipling gestaltete Gedenkstein
Die Anlage entspricht dem Grundplan englischer Friedhöfe: Um ein Opferkreuz und einen Gedenkstein im Mittelpunkt gruppieren sich die Gräber. Der schwere massive Gedenkstein ist wie ein Altar geformt, ein Symbol für den Opfertod. Die Inschrift lautet: „Their name liveth for evermore“ (Der Name der Gefallenen lebt auf ewig fort). Rudyard Kipling, der der 1916 gegründeten britischen Kriegsgräber-Organisation angehörte, hat diesen Vers dem Buch Sirach entnommen. Rudyard Kipling gestaltete den Gedenkstein. Die Seele der Toten weilt demnach hier, auch wenn niemand weiß, wo der Soldat gestorben ist. Und ihre Namen sind das, was bleibt; das bedeutet etwas in Großbritannien.
Schwierig ist die Deutung des daneben stehenden Kreuzes. Ein Kreuz oder ein Schwert sind in es eingearbeitet. Kipling deutet es als „ein starres Schwert, das im Schoß des Kreuzes hing, dessen Symbolik unbestimmt war.“ Man kann es als Kriegsopfer und als Hoffnung auf die Auferstehung deuten.
Nach dem Zweiten Weltkrieg vollzog sich ein radikaler Wandel der Erinnerungskultur an die Kriegsgeschehnisse. Bundeskanzler Helmut Kohl und Staatspräsident François Mitterand setzten sich für Versöhnung zwischen den ehemaligen Feinden ein.
Blutbad von Fromelles: Für viele Australier ist dies bis heute eines der schlimmsten Ereignisse ihrer Geschichte. Die Männer wurden von Maschinengewehrsalven getötet, als sie aus den Schützengräben stiegen. Die Schlacht war nicht gut vorbereitet und scheiterte daher total. Fromelles wurde zum nationalen Mythos, der sich in das kollektive Gedächtnis einbrannte, wie stark, das ist daran zu sehen, dass das Denkmal noch 1998 vom Office of Australian War Graves aufgestellt wurde. Auf dessen Sockel stehen Zeilen des Sergeanten Simon Foster, der hier als helfender Soldat dargestellt wird: „For the next three days we did great work getting in the wounded from the front and I must say the Germans treated us very fairly. We must have brought in over 250 men by our company alone.“
Die Deutschen feuerten während der Bergung nicht auf sie.
Trauer gemischt mit Stolz
Die australischen Soldaten sahen ihre Beteiligung am Krieg als ehrenvollen Einsatz auf dem Wege zu einer australischen nationalen Identität. „Durch den modernen Krieg sind viele erstmals dem organisierten Massentod begegnet“, schreibt der amerikanische Historiker George L. Mosse. Überall habe man die Toten beweint. Aber in die Trauer habe sich oft ein Gefühl des Stolzes gemischt, das Empfinden, für eine edle Sache gekämpft und ein Opfer gebracht zu haben. Dem Tod der Soldaten sei so ein Sinn gegeben worden, sie seien für ihr Vaterland gestorben. „Letztlich ging es darum“, schreibt Mosse, „eine an sich unerträgliche Vergangenheit erträglich zu machen, nicht nur um Trost zu spenden, sondern vor allem, um die Nation zu rechtfertigen, in deren Namen der Krieg geführt worden war.“
Unabhängig von den Briten
Australien konnte sich als neues selbstbewusstes Land präsentieren, politisch und kulturell unabhängig von den Briten. Die Unterschrift unter den Versailler Vertrag von 1919 durfte man wie die anderen Dominions leisten. Man übte damit ein Recht aus, das sonst nur dem englischen König vorbehalten war. Für den Eintritt in den Zweiten Weltkrieg entschieden sich dann die ehemaligen Dominions selbständig. Dadurch fühlen sie sich bis heute miteinander verbunden. Australien gehört daher bis heute dem Commonwealth an. Die darin vereinten Staaten kämpften so für das Britische Empire. Vom Commonwealth beginnen sich aktuell die ersten Länder zu lösen nach dem Tod von Queen Elizabeth im September 2022. Der Weg der Erinnerung führt weiter zum nächsten interessanten Ort, gestaltet von einem renommierten Architekten.