Kriegsorte in Frankreich besuchen: Als der Reisende zur Pressereise „Wege der Erinnerung 1914 — 1918“ eingeladen wurde, fühlte er sich hin- und hergerissen. Das Programm versprach nur Beklemmendes. Denn es sollte drei Tage lang über Soldatenfriedhöfe, durch Museen und zu Schauplätzen des Ersten Weltkrieges gehen. Für Militärgeschichte interessierte er sich aber während seines Geschichtsstudiums nie. Es gibt Spezialisten, die sich ungewöhnlich gut mit Heeresbewegungen, Waffen, Militärfahrzeugen auskennen und nahezu jedes Datum der Schlachten aufzählen können. Warum auch immer!
Auf Flohmärkten gibt es Bücher über Generäle, Panzerdivisionen und Kriegsschiffe. Nur einmal kaufte er sich solch ein Werk, weil ihm ein befreundeter Fotograf in der Nähe von Tromsø die Stelle zeigte, an der das Wrack der Tirpitz liegt, Hitlers Lieblingsschiff. Britische Bomber versenkten das Schiff in Nordnorwegen. Es war beklemmend, zum Beispiel Uniformteile in einem Museum zu sehen, die einst deutschen Seeleuten gehört hatten.
Kriegsorten bieten spannende Geschichten
Er kennt auch Gibraltar im Süden Spaniens. Der heutige Affenfelsen nahm einst eine wichtige strategische Stellung zur Kontrolle des Mittelmeeres ein. Bis heute erinnert er sich gerne an den britischen Kriegsveteranen, der ihm erzählte, dass er einst auf Gibraltar als Pilot gearbeitet habe. Deutsche hätten sein Flugzeug abgeschossen. Oder an den Bericht des Kapitäns: Dieser zeigte Delfine und erzählte dabei, wie spannend ein Roman über britische und deutsche Spione in der Bucht am Felsen gewesen sei. Geschichte aus anderer Perspektive.
Die dort gemachten Erfahrungen verlocken den Reisenden nun wieder loszufahren, um Kriegsschauplätze in Frankreich zu besuchen. Er will das mit eigenen Augen sehen, was er nur aus den Geschichtsbüchern kennt. Er will mit Menschen sprechen, die dort leben. Und er wird später solche Besuche nachbereiten, indem er Literatur darüber liest. Die Reaktion, der Besuch solcher Stätten sei langweilig, kann er nicht nachvollziehen. Angesichts hoher Besucherzahlen auf Soldatenfriedhöfen und an anderen Stätten — Erinnerungstourismus — steht er mit dieser Meinung nicht allein. Denn solche Stätten hängen oft mit der deutschen Geschichte zusammen.
Die Folgen solcher Kriege, das Leiden der Menschen, die Nutzlosigkeit, dürfen nie in Vergessenheit geraten. Die Ursachen für Konflikte müssen untersucht, Lösungen zur Vermeidung gefunden werden. Denn hinter spannenden Geschichten von Zeitzeugen steckt oft großes Elend.
Erinnerungstourismus in Nordfrankreich
Scharen von Touristen – vorwiegend aus Australien und Kanada – rollen täglich vor die Friedhöfe für die Gefallenen des Ersten Weltkrieges in Nordfrankreich. Sie nehmen dafür über 20-stündige Flüge von Sydney oder Vancouver nach Paris in Kauf. Auch viele Briten sind unter den Besuchern. Was suchen all diese Menschen in der Region Nord-Pas-de-Calais, fast hundert Jahre nach dem Kriegsgeschehen? Sind sie in den Sog des Erinnerungstourismus geraten? Oder wollen sie einfach nur Kriegsorte in Frankreich besuchen?
Zur Stärkung vor der Tour empfiehlt sich in Lille erst einmal der Besuch der Brauerei Les 3 brasseurs in der Nähe des Hauptbahnhofes. Dort gibt es deftiges Essen. Viele trinken hier Bier, was zu Lille traditionell gehört. Mir serviert man Rindfleisch mit Pommes Frittes. Fritten sind typisch hier. Belgien ist nahe. Das Rindfleisch besteht aus einzelnen Stücken, die zu einem saftigen Stück zusammengefügt sind. Als Dessert kommt Eis mit Spekulatius auf den Tisch. Es gebe nahe Lille eine große Spekulatius-Fabrik, erklärt man uns. Daher gehörten Spekulatius immer zum Essen. Dann geht es nach Arras.
Ehrenmal in Fromelles
Viele Touristen strömen in der Nähe von Arras zu einem neuen australischen Ehrenmal von 1998 in Fromelles. Hier verlief längere Zeit die Westfront. Australien musste am 23. August 1914 gemeinsam mit den anderen Dominions Kanada, Südafrika und Neuseeland sowie mit der Kolonie Britisch-Indien in den Krieg eintreten. Das Denkmal zeigt einen breitbeinig gehenden Soldaten mit gebeugtem Kopf, der einen toten Kameraden auf seinen Schultern schleppt. Er steht für 5.000 Australier, die hier in einem über 24 Stunden dauernden Kampf gegen die Deutschen im Jahre 1916 ihr Leben verloren. Für viele Australier ist dies bis heute eines der schlimmsten Ereignisse ihrer Geschichte. Die Männer wurden von Maschinengewehrsalven…