Soldatengräber Prediger des Friedens: Auf dem größten deutschen Soldatenfriedhof Frankreichs, Neuville Saint Vaast bei Arras, streift eine Gruppe von gut 20, zum Teil tätowierten, relativ jungen Besuchern aus Schottland über Wege und Rasenflächen. Ob sie auch den Satz Albert Schweitzers „Die Soldatengräber sind die großen Prediger des Friedens“ gesehen haben? Diese Aussage steht auf einer Tafel im Eingangstor. Dort erhebt sich auch eine Jesusstatue. Christus steht in der Osternacht aus seinem Grab auf und trägt die Fahne des Sieges über den Tod. Der Tod auf dem Schlachtfeld sollte nicht das Ende bedeuten. Einer geschlagenen Nation sollte dies neue Hoffnung aus christlichem Glauben geben.
In Neuville Saint Vaast ruhen 44.833 deutsche Soldaten. Auf ihren Gräbern stehen schmucklose schwarze Metallkreuze auf gepflegtem Rasen, umgeben von uralten Bäumen. Auf den Kreuzen sind Regiment, Name sowie das Geburts- und Todesdatum der Gefallenen verzeichnet. Schlichte und asketische Stimmung sollte so ausgedrückt werden. Die Denkmäler, die man nach Gründung des Deutschen Reiches 1871 errichtet hatte, wurden als überladen und pompös empfunden.
“Ich hatt’ einen Kameraden”
Einige unter den jungen schottischen Besuchern haben ein Massengrab entdeckt, in dem 7.000 deutsche Soldaten liegen. Auf einer Steinplatte steht, dass ihre Namen unbekannt seien. „Das ist traurig“, sagt einer von ihnen. Ihm werde die Größe des Leids und die Sinnlosigkeit der Kampfhandlungen hierdurch besonders klar. Die Schotten finden auf dem Friedhof auch den Vers „Ich hatt’ einen Kameraden, einen Bessern findst Du nicht“. Er steht auf einem Gedenkstein. Über dem Vers ist ein eisernes Kreuz in den Stein gemeißelt. Er stammt aus einem bekannten Soldatenlied, gesungen während der gegen Napoleon geführten Befreiungskriege Anfang des 19. Jahrhunderts, heute noch gesungen am Volkstrauertag und auf Trauerfeiern für gefallene Soldaten.
Das eiserne Kreuz hat Schinkel zur Zeit der Befreiungskriege entworfen. Gedacht wird hier der fürs Vaterland gefallenen Kameraden. Der Friedhof wirkt aus heutiger Sicht durch dieses Arrangement versöhnlich: Der Tod ist überwunden. Christus hat über ihn gesiegt: Es gibt Hoffnung auf Auferstehung. Nun soll der Friede bewahrt bleiben. Immerhin durften auf dem Gedenkstein die Sätze „Gefallen fürs Vaterland“ und der Vers des Liedes aus den Befreiungskriegen verwendet werden; dies spricht für viel Toleranz der Franzosen schon kurz nach dem Krieg. Zum Vergleich nun von Frankreich nach Deutschland.