Dem Himmel wieder nah auf dem Jakobsweg: Nach relativ flachen Etappen an der Küste der vergangenen Tage wird es ab heute wieder ernst. Santiago de Compostela in Galicien muss der Jakobspilger sich nun auf dem Camino del Norte erarbeiten.
Die Küstenstadt Ribadeo hat er heute Mittag verlassen. Diese Stadt bietet nicht so viel. Umso größer ist die Freude nun wieder in hügeligeres Gebiet zu kommen. Daher befindet er sich hier auch wieder näher am Himmel. Bereits kurz hinter Ribadeo geht es leicht aufwärts.
In einem kleinen Dorf wenige KiIometer von der Stadt entfernt liegt eine Herberge, vor der er die ersten Pilger seit Fisterra trifft. Die beiden kommen aus Deutschland und ruhen sich auf einer Bank aus. Eine Flasche Wein steht mittags um zwei Uhr vor ihnen. Ein schöner Austausch über Erfahrungen auf dem Jakobsweg folgt. Die beiden Männer laufen nicht die komplette Strecke. Sie setzen sie für einige Tage einfach dort fort, wo sie vor einem oder mehreren Jahren aufgehört haben. Sie verfahren allerdings wie viele Pilger, dass sie morgens, solange es noch kühl ist, früh aufbrechen. Denn so besteht eine gute Chance, die nächste Herberge vor allen anderen zu erreichen und sich einen Platz zur Übernachtung zu sichern. Daher ist der Radpilger oft der letzte, der die Herberge verlässt.
Schön trinken muss er sich die Landschaft aber nicht wie die beiden. Der Reisende fühlt sich hier wie im Schwarzwald. Die Hügel entsprechen denen eines Mittelgebirges. Sie sind überwiegend mit Nadelgehölzen bewachsen. Daher ist die Gegend einfach nur schön. Nur wäre die Palme oben auf dem Foto an einem Brunnen selbst im Süden Deutschlands fehl am Platz.
Erster Sturz, obwohl dem Himmel wieder nah
Am Nachmittag baut der Radler seinen ersten Unfall auf der Rundreise durch den Nordwesten der Iberischen Halbinsel. Als er mal auf der Via de la plata von Salamanca nach Santiago unterwegs war, zeigte ihm Domingo aus Málaga, wie er schwierige Steigungen mit Schleifen nimmt. Domingo war ein Radkünstler: Der rappeldürre Mann war dem Reisenden aufgefallen, weil er auf dem Hauptplatz Salamancas rückwärts mit dem Rad fuhr. Das kurvige Fahren übernahm er fortan. Meistens ging es gut. Heute aber geht es wieder mal schief und er stürzt. Dank des Gepäcks gehen solche Stürze allerdings glimpflich aus. Die Packtaschen an den Seiten fangen sie gut auf. Dem Himmel wieder nah auf dem Jakobsweg? Zum Glück diesmal nicht!
Französische Pilger mit einer Zentnerlast auf den Rücken
Am späten Nachmittag bezieht er wieder ein “Refugio de peregrino”. Vor ihm ist schon eine Französin eingezogen. Er freut sich schon auf einen vergnüglichen Abend. Doch die Freude verfliegt schnell. Er hört Stimmen einer sich nähernden Gruppe. Es sind weitere Franzosen im Studentenalter, von denen die Jungs schwer bepackt sind. Einer von ihnen trägt sogar ein Tipi auf dem Rücken. Die Freude ist schnell wieder vorhanden. Unglaublich! Sie scherzen aber über sich selbst, dass sie durchs schwere Gepäck so langsam sind. Etappen wie mancher Kampfwanderer mit 30 oder mehr Kilometern schafften sie nicht. Es seien stets nur wenige Kilometer. “Probier’s mal mit Gemütlichkeit” sang schon der Bär Balu in Rudyard Kiplings Dschungelbuch. Und die Jungs und Mädels sind international gut aufgestellt, sprechen fließend Englisch und Spanisch. Europa wächst zusammen!
Der Reisende ahnt noch nicht, dass er morgen einen sehr schönen Tag mit ihnen auf dem Weg nach Mondoñedo verbringen wird. Das zweite Jerusalem ist nur noch 180 Kilometer entfernt. Dem Himmel wieder nah auf dem Jakobsweg, erst recht bei solchen Begegnungen.
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