Heiß, heiß, heiß in Galicien: Da viele fragen, wie heiß es gerade auf dem Jakobsweg im brennenden Galicien zugeht. Zwei Monate soll es im Landesinneren nicht mehr geregnet haben. Dem Reisenden ist zuweilen schon ziemlich heiß. Der Himmel ist staubig. Die Sonne schillert deshalb grünlich. Bevor er vom Brand erfährt, findet er die Färbung noch ziemlich cool zum Fotografieren. Er hält den Staub für Sand aus Afrika. Es sind immerhin 30 Kilometer bis zum Brandherd. Die Schleimhaut in der Nase trocknet und setzt sich mit dunklem Staub zu.
Trotz des Radelns im Gebirgswald wird ihm so heiß, dass er das erste Mal seit Jahren im Dorf Rosende eiskalte Cola trinkt. Diese verschafft tatsächlich Abkühlung auf der Radreise durch den Nordwesten Spaniens. Eigentlich verabscheut er solche Getränke genauso wie Zigaretten. Es ist immerhin 30 Grad warm. Das nimmt er aber nicht so wahr. Denn er ist mittlerweile gut trainiert.
7000 Hektar Land verbrennen
Später kommt er in Barreiro an. Dort will er übernachten. Das liegt gemessen am Camino de Santiago gut 40 Kilometer südlich von Santiago de Compostela entfernt. Von dort war er noch vor einer zu erwartenden Sintflut geflohen. Der Wirt sagte ihm, dass der Staub von einem zehn Kilometer entfernten Brand in Sellida stammte. Und jetzt riecht er tatsächlich das Feuer. Als es dunkel wird, tritt er aus dem Hostal wieder auf die Straße. Die meisten Fenster sind dunkel. Kein Mensch ist zu sehen.
Einige Männer stehen an der Theke einer Bar, drehen sich sogar etwas weg. Dies ist für Galicien schon ungewöhnlich. Sonst grüßen die meisten höflich. Der Reisende erklärt es sich mit der Furcht vor dem Feuer. Immerhin brennen 7000 Hektar. 10.000 Hühner sterben, während er wie elektrisiert “Estrella Galicia” trinkt. Diese Zahlen entnimmt er am nächsten Tag aus der Zeitung „Faro de Galicia“. Vielleicht haben die Leute auch Komplexe ihres seltsamen Ortes wegen, weil er lacht, weil es hier nur pinchos zum Knabbern gibt. Der Wirt guckt etwas säuerlich. Als er später die benachbarten Vinothek die Wirtin der benachbarten Vinothek auf die Geisterstunde anspricht, meint sie, die Leute ruhten sich nur aus. Beim Verlassen der Vinothek hat sich der Brandgeruch verstärkt.
Eine portugiesische Freundin schreibt, nachdem er ihr von seinen Ängsten vor dem Brand geschrieben hat, dass es auch an vielen Orten in Portugal brenne: in Guarda, Viseu und Certo. Das stärkste Feuer befinde sich in Vigo am Atlantik. Genau durch diese Orte führt sein Rückweg nach Porto. Wird er bald ins Feuer fahren? Bieten sich Umwege an?
Regen erwünscht
Jetzt wünscht er sich den Regen, dem er zuvor in Santiago eigentlich entkommen wollte. Wie alle Menschen hier. Im Hostal ist kein Laut zu hören. Wie würde er handeln, wenn der Ort evakuiert werden müsste. Er hatte solch eine Situation einmal in Narvik in Nordnorwegen erlebt, als er frisch aus der Dusche kam. Nackt wollte er nicht auf die Straße treten. Also zog er sich zügig an und schnappte sich seine Packtaschen.
Nachts hört er Regentropfen in Barreiro fallen. Reifen von Autos rollten auf nassem Asphalt. Jetzt hofft er, dass es bald auf der ganzen iberischen Halbinsel regnet. Hoffentlich wird es nicht so bald wieder “Heiß heiß heiß in Galicien” heißen. Morgen geht es weiter auf der Via de la plata in Richtung Zamora.