Unten im Tal liegt ein kleiner Stausee: Es ist nachmittags gegen 16 Uhr. Zeit für eine kurze Rast. Ein großer Stein bietet dem Radreisenden einen bequemen Sitz. Während er einen Apfel verzehrt, kriecht neben ihm auf dem Stein eine Gottesanbeterin herauf. Langsam, Stück für Stück. Welch ein Glück für den Reisenden: Er ist einer Gottesanbeterin am Rio Duero begegnet.
Die erste Etappe der komplett neuen Reise liegt hinter dem Reisenden. Den Jakobsweg wird er erst in Porto wiedersehen, freut sich ein wenig, mal nicht auf Sand und Steinen zu ackern. Er ist gut 60 Kilometer am Rio Duero entlang geradelt, soweit es irgendwie möglich ist. Von Zamora aus fuhr er nach Miranda do Douro in Portugal. Das Stück war einsam. Ab und zu begegnete er Autos. Er sah aber auch, dass der Duero längst kein Naturfluss ist, sondern mehrfach Energie aus ihm gewonnen wird.
Die Gottesanbeterin kriecht aus dem Schatten. Ihr ist wohl noch zu kalt, um zu fliegen. Auf Vergrößerungen sieht sie nicht gerade angenehm aus, so dass der Reisende als Kind nicht lange hinschauen mochte. Sie frisst ihren Gatten oft nach der Befruchtung auf. Aber mit dem bloßen Auge weist sie nichts Gruseliges auf.
Es bleibt genug Zeit, die Kamera aus dem Rucksack zu ziehen, das Insekt zu filmen und zu fotografieren. Denn die Sonne wärmt im November nicht so heiß wie ab März. Doch die ursprünglich aus Afrika stammende Heuschrecke registriert die nahe Linse und die Aktivität des Fotografen. Sie krabbelt langsam weg, um sich in Sicherheit zu bringen. An einer Pflanze hängt sich das auch als Mantide bezeichnete Insekt so auf, als wäre es ein Zweig. Es tarnt sich so vor Vögeln und anderen Fressfeinden. Die Gottesanbeterin ist einem Menschen am Rio Duero begegnet. Und am Fluss gedeiht mehr als die Weinsorte Ribera del Duero.