Durch Portugal von Norden nach Süden: Schade. Gerade hat sich der Reisende auf einen schönen Artikel in der “Neuen Zürcher Zeitung” übers Radwandern durch Portugal von Norden nach Süden gefreut; dieser Text ist auch so angeteast. Der Autor scheint zwei Wochen lang von Chaves nach Faro geradelt zu sein. Doch nach dem Teaser steht gar nichts mehr übers Radfahren drin. Das ist ziemlich schwach. Denn die NZZ versäumt es, die große Radreise-Gemeinschaft als Leserschaft für sich zu gewinnen.
Im Großen und Ganzen stimmt schon, was der Verfasser über Portugal schreibt. Es geht vor allem um Menschen in Bars und Tourismus-Mitarbeiter. Dies verknüpft er mit Fakten, die täglich über Migration und Industrie in den Medien stehen. Eher würde der Inhalt daher in den Wirtschaftsteil passen. Der Reisende fragt sich, ob der Autor wirklich die komplette Strecke gefahren ist.
Riesige Lithium-Vorräte
Und wenn es schon um Wirtschaft geht, hätte er wissen müssen, dass gut 43 Kilometer westlich Chaves eine Mine mit riesigen Lithium-Vorräten liegt. Es geht um Covas do Barroso in einem landschaftlich sensiblen Gebiet. Nordwestlich davon liegt der bekannte Nationalpark Peneda-Gerés mit seltenen Tieren und Pflanzen. Portugal besitzt bei Barroso die vermutlich größten Lithium-Vorkommen dieses Kontinents. Diese sind, laut TV-Sender n‑tv, ein gefragter Rohstoff, um zum Beispiel Batterien für Elektroautos herzustellen. Das Lithium-Vorkommen im Norden Portugals bietet die Chance, die europäische Autoindustrie unabhängiger von Importen zu machen. Die portugiesische Umweltschutzbehörde erteilte bereits die Freigabe.
Nach einem Bericht auf n‑tv erklärte das dort aktive Unternehmen Savannah Resource, die portugiesische Umweltschutzbehörde habe eine “Schlüsselentscheidung” getroffen. So könne das Projekt nun auf die nächste Stufe im Umwelt-Lizenzierungs-Prozess steigen. Dies sei ein wichtiger Schritt “für die Entwicklung der Lithium-Rohmaterial-Industrie in Portugal”, sagte Savannah-Generaldirektor Dale Ferguson. Allerdings gibt es seit 2022 heftige Proteste gegen die Ausbeutung der Mine. Umweltschützer aus der Region befürchten Zerstörung und Verseuchung der Landschaft.
Was interessiert Radfahrer wirklich?
Doch Radfahrer interessieren landschaftliche Reize für gute Fotos, Besonderheiten zum Besichtigen. Er will wissen, wie sicher die Verkehrswege sind. Gibt es dort viel Verkehr? Sind schwierige Steigungen zu bewältigen? Geht es nur auf Asphalt oder auch schöne Forstwege voran? Helfen Bewohner, wenn man Wasser braucht oder eine Panne hat?
All dies macht eine Radreise aus. Portugal hat viel zu bieten, wenn man dort radelt. Ein starkes Manko allerdings: die Mitnahme von Rädern im ÖPNV. Der Reisende kennt nur zwei Strecken, wo dies möglich ist: Porto entlang des Rio Douro und Faro in Richtung Vila Real de Santo António. Was das Radeln in Zentral-Portugal ausmacht, beschreibt er in seinem Rad- und Kulturreiseführer über die Serra da Estrela im Nordosten des Landes.
Niemand muss die ganze Strecke in Portugal von Norden nach Süden fahren. Weniger ist oft mehr, weil man innerhalb einer Region Landschaft und Bewohner besser kennen lernt.