Münster kulturell nur Mittelmaß?

Müns­ter kul­tu­rell nur Mit­tel­maß? Johann Con­rad Schlaun schuf eine ein­zig­ar­ti­ge Archi­tek­tur. Künst­ler kön­nen sich in gro­ßen Ate­liers ent­fal­ten, die sie güns­tig von der Stadt mie­ten kön­nen. Es gibt ein Picas­so-Muse­um, einen der schöns­ten Dome Deutsch­lands. Und alle zehn Jah­re zieht das Skulp­tur-Pro­jekt Besu­cher aus aller Welt an.

Trotz­dem ist Müns­ter mehr durch die Kri­mis Tat­ort und Wils­berg in aller Mun­de. Trotz­dem schaf­fen es sogar wenig attrak­ti­ve Städ­te wie Stutt­gart oder Köln, sich im jähr­li­chen Kul­tur­ran­king der Städ­te vor Müns­ter zu plat­zie­ren. Selbst das klei­ne Bonn! Das Ham­bur­gi­sche Welt­Wirt­schafts­In­sti­tut (HWWI) und die Pri­vat­bank Beren­berg haben gera­de die 30 größ­ten Städ­te Deutsch­lands im Hin­blick auf ihr Kul­tur­le­ben unter­sucht. Das Ergeb­nis des Kul­tur-Städ­te-Ran­kings: Stutt­gart baut sei­nen Vor­sprung wei­ter aus und kann sogar schon zum vier­ten Mal sei­nen Spit­zen­platz als Deutsch­lands Kul­tur­me­tro­po­le Nr. 1 behaup­ten. Auf den Plät­zen fol­gen Dres­den, Ber­lin und Mün­chen. Aber Müns­ter und das Ruhr­ge­biet — Essen war immer­hin Schau­platz der Kul­tur­haupt­stadt 2010 — lan­den in der grau­en Mit­te. Essen belegt hin­ter Müns­ter sogar nur Platz 17.

Natür­lich kann die gute Plat­zie­rung Stutt­garts, Dres­dens und Mün­chens etwas mit deren Grö­ße zu tun haben. Es han­delt sich um Lan­des­haupt­städ­te. Aber es hat auch etwas mit dem Gespräch der Bevöl­ke­rung über Kunst zu tun. Am ver­gan­ge­nen Sams­tag besuch­te der Rei­sen­de Müns­ters neu­es­te Attrak­ti­on — Ger­hard Rich­ter spen­dier­te der Stadt ein Focault­sches Pen­del. Es schwingt jetzt in der Domi­ni­ka­ner­kir­che in der Salz­stra­ße. An nur an die fünf­zig Besu­cher tra­fen inner­halb der 30 Minu­ten dort ein, um dort zu medi­tie­ren. Viel zu wenig für eine so schö­ne Instal­la­ti­on ! Am nächs­ten Tag unter­hielt der Rei­sen­de sich mit einem befreun­de­ten Foto­gra­fen. Die­ser, obwohl Kunst auch deut­lich zuge­tan, war bis­her noch nicht ein­mal dort gewe­sen. Er woll­te aber schon immer mal hingehen.

Münsters Kulturamt planlos?

Über­schat­tet wird Kul­tur in Müns­ter seit Jah­ren aller­dings durch Strei­te­rei­en in den Res­sorts Bau­en und Ver­kehr: neu­es Sta­di­on, Neu­ge­stal­tung des Hafen­vier­tels, ver­stopf­te Stra­ßen. Streit unter den Par­tei­en ist grund­sätz­lich posi­tiv zu sehen. Doch hier ist er nicht för­der­lich, indem an des­sen Ende ein Plan zu erken­nen ist; ein gemein­sa­mes Han­deln, um krea­ti­ve Sze­nen an der Basis unab­hän­gig vom Par­tei­en­we­sen schaf­fen. Ver­fügt das Kul­tur­amt über kei­nen Plan?

In Städ­ten wie Aar­hus und Umeå ist das anders. Das merkt man allei­ne beim Lesen der loka­len Pres­se. Dänen und Schwe­den läs­tern und loben. Aber die meis­ten Grup­pie­run­gen in der Stadt­ge­sell­schaft fin­den dann doch zu einem Kon­sens, den sie dann nach außen gemein­sam vertreten.

Dage­gen scheint man es in Müns­ter nicht zu wagen, zu pro­vo­zie­ren, nicht ein­mal, vor­sich­tig zu beur­tei­len. Nur zu wer­ben. Auf solch einer rein deskrip­ti­ven Ebe­ne blei­ben natür­lich Impul­se aus für die Bevöl­ke­rung: damit sie über Kunst spricht. Denn laut Stu­die man­gelt es an der Rezep­ti­on von Kul­tur, nicht aber an der Pro­duk­ti­on. Sieht es viel­leicht so auch im Ruhr­ge­biet aus, dass man nicht über Kunst spricht?

In Skan­di­na­vi­en gibt es offen­bar einen freie­ren Geist der Dis­kus­si­on, einen gemein­sa­men Plan. Hin­ge­gen gibt es hier oft nicht ein­mal eine eige­ne Hand­schrift, an der Kul­tur­schaf­fen­de auf der gan­zen Welt wie­der­zu­er­ken­nen wären.

Münster kulturell nur Mittelmaß? Professor antwortet

Qua­si dar­auf, wenn auch spät, ant­wor­tet jetzt (15. Mai 2021) Dr. Gerd Blum, Pro­fes­sor an der Kunst­aka­de­mie Müns­ter. In einem Gespräch mit den West­fä­li­schen Nach­rich­ten meint er, in Schloss, Kathe­dra­le, Gericht, Kauf­häu­sern, Plät­zen, Schul- und Uni­ver­si­täts­ge­bäu­den einen Mikro­kos­mos vor­zu­fin­den. Dies tref­fe auf vie­le bekann­te Mit­tel- und Groß­städ­te zu. Blum spricht sich für eine Mischung von Kon­sum, Kul­tur und Kir­che aus, die drei Ks. In Müns­ter wer­de dies erreicht, was ein Glücks­fall sei. Woan­ders sehe er durch Coro­na teil­wei­se ver­ram­mel­te Innen­städ­te. Aber man kön­ne noch mehr tun wie zum Bei­spiel auf dem Cam­pus an der Petri­kir­che. Er ver­weist auch auf die Strahl­kraft der Kunst­wer­ke inter­na­tio­na­ler Kunst­wer­ke durch die Skulp­tur-Pro­jek­te. Belebt wer­de eine Stadt nicht durch Was­ser­spie­le oder auf­wen­dig gestal­te­te Mülleimer. 

Blum greift auch die Pro­fa­ni­sie­rung ehe­ma­li­ger Kir­chen auf. Er spricht sich dafür aus, die Denk­mä­ler der Kunst und Kul­tur, wei­ter­hin kul­tu­rell zu nut­zen. So gesche­he es mit der Instal­la­ti­on des Künst­lers Ger­hard Rich­ter in der Domi­ni­ka­ner­kir­che. Er hal­te nichts von gele­gent­lich statt­fin­den­den Mas­sen­ver­an­stal­tun­gen, son­dern erwar­te ein quan­ti­ta­tiv nied­ri­ge­res Niveau. So plä­diert er dafür, Bil­dungs­stät­ten und Biblio­the­ken neu zu bewer­ten statt auf die Strahl­kraft ein­zel­ner Events zu set­zen. Kul­tur gehö­re in die Innen­stadt. Als Bei­spiel nennt er die Mög­lich­keit, die städ­ti­sche Musik­schu­le zu besu­chen, dabei in den Park zu gehen und auch Skulp­tu­ren im Umfeld des Aasees zu betrach­ten. Damit spielt er auf Plä­ne an, den geplan­ten Musik-Cam­pus in der Peri­phe­rie unter­zu­brin­gen, wo das Uni-Kli­ni­kum liegt. Eine Innen­stadt ver­tra­ge mög­li­cher­wei­se kei­ne Satel­li­ten. Viel­leicht zeigt Gerd Blum so Wege auf, damit es künf­tig nicht mehr fra­gend heißt: Müns­ter kul­tu­rell nur Mittelmaß?

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Portugal der 1930er Jahre

Por­tu­gal der 1930er Jah­re: Ges­tern konn­te der Rei­sen­de sein Glück nicht fas­sen: Auf dem Floh­markt in Müns­ter fand er in einer Bücher­kis­te das Buch “Das neue Por­tu­gal” von Fried­rich Sieburg. Sieburg (1893–1964) war Jour­na­list. Er arbei­te­te ab 1926 zunächst als Aus­lands­kor­re­spon­dent in Frank­reich. 1939 ging er in den Diplo­ma­ti­schen Dienst, leb­te im Paris des besetz­ten Frank­reichs. Nach dem Zwei­ten Welt­krieg schrieb er als Lite­ra­tur­chef für die Frank­fur­ter All­ge­mei­ne Zei­tung. Schon für die Frank­fur­ter Zei­tung hat­te er zuvor als Feuil­le­to­nist gearbeitet.

Erst­mals auf­ge­fal­len war er dem Rei­sen­den durch das Buch “Ven­dée”, 1931 auf Deutsch ver­öf­fent­licht. Er fand es eben­falls auf dem Floh­markt in Müns­ter, der immer einen Besuch wert ist. Dar­in arbei­tet der Repor­ter Geschich­te und Geo­gra­phie der fran­zö­si­schen Regi­on auf. His­to­risch bedeut­sam wur­de sie durch die gro­ße Hun­gers­not und die berühm­ten Brie­fe der Land­be­völ­ke­rung im Vor­feld der Fran­zö­si­schen Revo­lu­ti­on an die Mon­ar­chen. Letzt­lich war die Hun­gers­not eine der Ursa­chen für den Aus­bruch der Revolution.

Einblick in Politik und Landleben im Portugal der 1930er Jahre

Im “Neu­en Staat” ent­deck­te der Rei­sen­de die in der obi­gen Dia­show prä­sen­tier­ten Fotos aus dem Por­tu­gal der 1930er Jah­re. Sie geben wert­vol­le Ein­bli­cke in das Leben auf dem Land. Zu sehen sind Wein­fäs­ser trans­por­tie­ren­de Seg­ler, ein Bau­er mit Stroh­um­hang und Stab, ein mit einem Auge bemal­tes Fischer­boot in Avei­ro sowie zwei Stier­hü­ter zu Pfer­de mit Stan­gen. Schö­ne Anre­gun­gen für die eige­ne Reisefotografie.

Ein Kapi­tel räumt Sieburg auch dem Dik­ta­tor Antó­nio de Oli­vei­ra Sala­zar ein, den er per­sön­lich besuch­te. Daher trägt das Buch den ent­spre­chen­den Titel “Neu­er Staat”, auf Por­tu­gie­sisch “Estado Novo”. Sala­zar inter­es­siert ihn, da Adolf Hit­ler gera­de erst 1933 an die Macht gekom­men war. Zum Ver­gleich kommt es aller­dings nicht. Aller­dings ist Sieburg umstrit­ten, da er offen­bar Sym­pa­thie für die Natio­nal­so­zia­lis­ten heg­te. Gro­ße Lite­ra­ten wie Tho­mas Mann sahen ihn als Ver­rä­ter an.

So zeigt sich, dass es immer loh­nend ist, Bücher­kis­ten zu durch­wüh­len, wie auf dem Floh­markt in Müns­ter. Ande­re schö­ne Floh­märk­te gibt es übri­gens mit dem Ras­tro in Madrid oder einem in Lil­le in Flan­dern. So erge­ben sich wert­vol­le Ein­bli­cke in frem­de Län­der leicht, wie in das Por­tu­gal der 1930er Jah­re. Der eige­ne Urlaub lässt sich so gut aufarbeiten.

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Zu wenig Preisgeld für Nachwuchsforscher?

„Ich bin sehr beein­druckt vom Enga­ge­ment der krea­ti­ven Köp­fe, die ich hier aus­zeich­nen durf­te. Ich bin mir sicher, dass gera­de ange­sichts des zuneh­men­den Fach­kräf­te­man­gels die jun­gen For­sche­rin­nen und For­scher für vie­le Unter­neh­men als zukünf­ti­ge Fach­kräf­te in den ‚Grü­nen Beru­fen‘ unver­zicht­bar sein werden“.

Was meint ihr?

Mit einem Preis­geld von gera­de ein­mal 150 Euro wur­den nach die­sen loben­den Wor­ten der NRW-Umwelt­mi­nis­te­rin Ursu­la Hei­nen-Esser die aus Müns­ter stam­men­den Schü­ler Erik Holz­häu­ser und Georg Tre­de aus­ge­zeich­net. Zusam­men haben sie intel­li­gen­te Stra­ßen­la­ter­nen ent­wi­ckelt, über die sehr viel Strom gespart wer­den kann.

Soll­te noch eine Null ans Preis­geld gehängt wer­den, damit sich mehr Nach­wuchs­for­scher für eine Teil­nah­me am Wett­be­werb “Umwelt” ent­schei­den? Und viel­leicht moti­viert sind, dass sie sich anschlie­ßend für einen tech­ni­schen Beruf entscheiden?

PM Son­der­preis Umwelt

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Radwandern und Mount Everest

Erstaun­lich und lus­tig: Ob man auf dem Jakobs­weg in Spa­ni­en radelt, von der Sieg aus den Kah­len Asten bezwingt, ent­lang der Weser Deutsch­land durch­quert oder den Moun­tain Ever­est besteigt. Die Erfah­run­gen ähneln ein­an­der frappierend.

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