Winterzauber in den Rieselfeldern: Eine weiße Frostschicht bedeckt zurzeit die Landschaft im Münsterland. Häufig ist dies nicht zu sehen. Meistens nimmt der Reisende so höchstens Raureif wahr, wenn er morgens auf den Ästen von Bäumen und Sträuchern liegt. Jetzt ähnelt die Frostschicht Schnee. Aber ab morgen wird es so warm sein, dass der Zauber wieder verfliegt. Auch das Winterlicht dürfte dann verschwunden sein.
So wird es auch in den Rieselfeldern, ein wichtiges Vogelschutzgebiet, ab morgen wieder grauer werden, sobald die Wolken die Sonne verdecken. Daher packte der Reisende heute auf der Radtour sein Smartphone heraus, um ein wenig die Atmosphäre mitzunehmen. Auffällig: Die vielen Teiche, einst nahmen sie das Abwasser der Stadt Münster auf, sind mit dünnem Eis bedeckt. Die Eisbildung war schon am vergangenen Mittwoch auf einer Radwanderung zu erkennen. Prompt suchten die vielen hier sonst lebenden Vögel das Weite. Die sonst hier zu sehenden Graugänse, Graureiher und selbst weiße Schwäne waren heute verschwunden. Sie haben sich wohl in wärmere Gefilde abgesetzt. Vielleicht sind sie ins Rheinland gezogen, das oft wärmer ist als das Münsterland. Dort sind manche Gewässer wohl noch nicht zugefroren.
Stattdessen suchten heute am Wochenende viele Menschen die Gewässer in und um Münster auf. Wie zum Beispiel den Aasee: zum Schlittschuhlaufen und Spazierengehen auf der Eisfläche. An der Torminbrücke, die den See in zwei Hälften teilt, schien jemand ins Eis eingebrochen zu sein. Rettungswagen kamen mit Blaulicht in dem Moment angefahren, als der Reisende an ihr vorbeikam.
Spannende Geschichte des Aasees
Der Aasee hat neben Einbrüchen ins Eis eine spannende Geschichte, die die anderer Städte übertreffen dürfte: An dessen Zufluss Aa — indogermanisches Wort für Wasser — gründete sich einst die Stadt Münster. Denn an einer Furt zwischen Bispinghof und Spiegelturm sollen wandernde Sachsen eine Siedlung aufgebaut haben. Einer von ihnen könnte Mimiger geheißen haben, weshalb Münster ursprünglich Mimigernaford hieß. Eine andere Theorie besagt, dass hier einem gewissen Mimir aus der nordischen Mythologie die Furt gewidmet wurde. Manche meinen, Mimigernaford sei auf dem Domhügel geboren worden. Andere nehmen an, die sei auf der linken, westlichen Seite geschehen.
In einem Artikel Otto-Ehrenfried Selles für die Seite “Auf Roter Erde” für die Westfälischen Nachrichten lernte der Reisende Anfang April 2023, dass mittlerweile eine Ansicht überholt ist: Ein Graben an der Stadtmauer sei um 1200 zur Verteidigung mit Wasser gefüllt worden. Wasserbären hätten eher die Aa daran gehindert, in den Graben zu fließen. Von den Wasserbären ist noch heute einer nahe am Buddenturm, der andere am Alten Zoo zu sehen. Belagerer konnten so auch nicht das Wasser aus der Aa einfach ableiten, um leichter in die Stadt zu gelangen. Mehr dazu erfährst Du im Stadtführer Münster Stadt der Skulpturen.
Früher habe es entlang der Aa Wassermühlen gegeben, die Getreide mahlten, schreibt Selle weiter. Dies spielte Fürstbischof Christoph Bernhard von Galen in die Karten. Um 1660 verpflichtete er demnach Bauern dazu, in der Nähe des heutigen Zoos einen Damm zu bauen. So wollte er Wasser zu einem See stauen und die Mühlen zum Stillstand bringen. Dies erschwerte auch die Versorgung mit Brot. Der Damm brach vor Weihnachten 1660. Die Fluten setzten die Stadt zum Teil unter Wasser. Ende März 1661 kapitulierten die Bürger. Von Galen entließ dann Rat und Bürgermeister. Die Ratskammer hieß fortan und bis heute Friedenssaal.
Wild unruhig in der Kälte
Zurück zum Winterausflug: Nicht nur Menschen tauchen auf, sondern auch das Wild wird unruhig: Auf einem verfrorenen Acker bei Häger standen vier Rehe schon am frühen Nachmittag, um dort Nahrung zu suchen. Dies ist tagsüber ungewöhnlich. Auch ein Hase querte die Straße an der Nienberger Ortsgrenze. Leider wird morgen der Winterzauber in den Rieselfeldern und auch wohl anderswo im Münsterland fürs erste verflogen sein.