„Geheimnisvolles zu erforschen, ist spannend“, sagt Graça. Erst tauschte sie ihr Leben als Betriebswirtin in Lissabon gegen das einer Pensionswirtin in der Kleinstadt Caria ein. Dann begann sie, geheime religiöse Kulte der Juden während der Inquisition zu erforschen. Die Inquisition wurde besonders hart unter der Regentschaft der katholischen Könige Fernando und Isabella von Kastilien durchgeführt. Viele Juden flohen aus Spanien ins benachbarte Portugal. Dem Druck letztlich beugen mussten sich schließlich auch die zunächst der Judenverfolgung gar nicht aufgeschlossenen portugiesischen Regenten. Denn adelige und bürgerliche Gruppen peitschten sie immer wieder auf — hauptsächlich aus Neid. So entwickelte sich auch die düstere Inquisition in Portugal. Auch im Centro de Portugal.
Wer von den Juden nicht schon zuvor nach Nordafrika ausgewandert war, tat es jetzt. Dort nahmen die muslimischen Herrscher sie gerne auf. Denn sie konnten ihre wirtschaftlichen und handwerklichen Fähigkeiten gut für ihre eigenen Reiche gebrauchen. Wer nicht von der Iberischen Halbinsel fliehen konnte oder wollte, nahm zwar äußerlich den christlich Glauben an. Zuhause aber führten sie ihre Kulte im Verborgenen heimlich weiter.
Eng mit Graça zusammen arbeitete der Architekt Miguel aus Figueira de Castelo Rodrigo. Beide fotografierten und dokumentierten Häuser und Embleme im Judenviertel. Gerade in Caria ist mehr aus der Zeit der Juden übrig geblieben, als in anderen Orten wie in Belmonte oder in der Distrikthauptstadt Guarda.
Die wichtigsten Ergebnisse hat Durchstreifen & Erleben im YouTube-Video “Geheime Kulte im Verborgenen” dokumentiert. Graça erzählt, wie Portugiesen heute mit dem dunklen Kapitel in ihrer Geschichte umgehen. Man stehe erst am Anfang, dieses aufzuarbeiten. Es gebe hier und da Widerstand dagegen, weil dies als lästig empfunden werde.
Neues jüdisches Leben in Belmonte
Der Initiative der beiden verdankt die Kleinstadt am Rande der Serra da Estrela, dass Touristen, gar aus Brasilien und Israel, ein einzigartiges jüdisches Erbe vorfinden. Manche Touristen wollen einfach nur Portugal entdecken, auf dem Jakobsweg von Porto nach Santiago pilgern. Andere begeben sich auf die Spuren ihrer nach Übersee ausgewanderten Vorfahren. Dies gibt es mehr, als man so in Europa wahrnimmt, wie der Reisende es auf Soldatenfriedhöfen in Nord-Pas-de-Calais herausfand.
Dokumentiert wird die jüdische Geschichte im Nachbarort Belmonte. Dort gibt es ein jüdisches Museum. Besucher finden dort neben historischen Abhandlungen liturgische Geräte aus Familienbesitz vor. Allerdings lohnt sich ein Besuch nicht. Liturgische Geräte wie Kandelaber oder Gefäße zum Verteilen von Weihrauch sind jetzt nicht wirklich unbekannt. Und Hintergrundwissen wie Ursachen der Verfolgung sind nicht umfassend dargestellt. So verlässt der Reisende das Museum ohne neuen Erkenntnisse.
Erfreulicherweise ist es gelungen, im 20. Jahrhundert jüdisches Leben im Ort wieder aufzubauen. Neue Bewohner sind nach Belmonte gezogen, wohl auch in der Hoffnung, dass sich die düstere Inquisition in Portugal nicht wiederholt.
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