
Bremer Kogge von 1380: Bremerhaven ist die letzte Station des Reisenden, der vor vielen Wochen von Bonn aus mit Rad und Zelt startete. Über die Sieg ging es zum Kahlen Asten, von dort an der Diemel entlang zur Weser. Etwas wehmütig ist er schon. Denn es war eine schöne Tour, begünstigt durch exzellentes Wetter. Ein Leben wie in Südeuropa, weshalb es fast nur im Zelt stattfand und abends auf der Terrasse eines guten Restaurants. Oft gibt es das nicht bei einem mehrwöchigen Urlaub in Deutschland.
Etwas geschmälert wurde das Finale durch den kräftigen Wind auf dem heutigen Stück von Bremen nach Bremerhaven. Entlang des Weserdeichs gibt es wenig Hindernisse, die ihn bremsen. Und der Weg ist etwas monoton. Es gibt wesentlich komfortablere und spannendere Wege in den Norden. Es lohnt sich wirklich, ab Bremen abzubiegen, den Emsradweg anzusteuern und von Emden auf dem Nordseeküstenweg nach Bremerhaven zu radeln. Auch wenn die Tour dadurch länger dauert.
Auswandererhaus und Schifffahrtsmuseum locken
Interessanteste Ziele in Bremerhaven sind das Deutsche Auswandererhaus und das Deutsche Schifffahrtsmuseum. Beide liegen zum Glück nahe beieinander im Hafen. So lassen sie sich leicht miteinander kombinieren. Da Donald Trump gerade Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika ist, begeben sich sogar einige Besucher im Auswandererhaus auf seine Spuren. Im Museum sind drei unterschiedliche Schiffe nachgebaut, die in die Neue Welt führen: ein Segelschiff, ein Dampfschiff und ein Ocean Liner. Die Unterkünfte auf diesen Schiffen entdecken Besucher während des Rundgangs und erfahren dabei mehr zum Aufenthalt der Auswanderer an Bord.
Ein Teil seiner Familie stammt bekanntlich aus Deutschland. Denn von Bremerhaven aus sind die meisten Deutschen aus in ihr neues Leben in Übersee gestartet. So einige Neugierige strömen tatsächlich zum Saal, wo sich Dokumente so mancher Familie finden. Es gibt sehr viele deutsche Familien, die es geschafft haben, sich ein erfolgreiches Leben aufzubauen, was Fotos von Unternehmern in der Industrie, Handel und Film zeigen. Nicht alle blieben hier, sondern sie kehrten vom Heimweh geplagt wieder zurück.
Aber der Reisende hat keine Verwandten in den USA, es sei denn, dass ein Vorfahre dort Fort Benning errichtete. Sein jüngerer Bruder verkündete dies mal stolz im Erdkundeunterricht, als der Lehrer Klasse die Amerika-Karte im Diercke-Weltatlas aufschlagen ließ. Er genoss die Bewunderung vieler Mitschüler. Das Moment zählt. So spart sich der Reisende die Suche nach Verwandtschaft im Auswandererhaus. Auf eine reiche Erbschaft wie die Familie eines Jugendfreundes ist er ohnehin nie aus gewesen. Jahrelang erhoffte die Familie einen Goldregen des “reichen Onkels” in Amerika. Doch nach einem Besuch in den USA war die Ernüchterung groß. Er lebte in bescheidenen Verhältnissen. Ein Geldspeicher stand dort nicht.
Wohin es sie verschlagen hat, ist schön an einer digitalen Karte zu erkennen. Viele Städte tragen deutsche Namen. Sie lassen sich einblenden wie zum Beispiel Cologne (Minnesota), Hamburg (New York), Munich (North Dakota), Stuttgart (Arkansas), Augsburg (Arkansas), Bismarck (North Dakota), New Braunfels (Texas), Minden (Nebraska) oder Schaumburg (Illinois). An Ausrufen im Saal ist zu hören, dass dies immer noch Verblüffung auslöst, denkt der Reisende doch, dass man das noch aus der Schule wissen müsste. In der Masse hat er sich das allerdings auch nicht vorgestellt. Und so treibt der Besucher durch die Säle, wobei die Aufmerksamkeit doch mit der Zeit aufgrund der Masse der Angebote nachlässt. Aber er freut sich auch schon auf den Besuch des Schifffahrtsmuseums.
Bremer Kogge von 1380 lag 700 Jahre im Schlamm
Im Zentrum des Interesses: eine alte Handelskogge aus dem Jahre 1380. Den Reisenden interessieren schon lange Schiffe, war einer seiner Vorfahren doch Weserdampfschiffkapitän. Die Hälfte seiner Familie stammt aus Bremen. Fortbewegungsmittel für den Urlaub im hohen Norden war oft eine Fähre wie die berühmte Viking Line von Kapellskär nach Naantali in Finnland oder aber auf der Dänemark-Verbindung von Puttgarden nach Rødby auf Lolland. Und sein älterer Bruder wollte immer Kapitän werden. Deshalb lud seine Mutter einen Kapitän des Alfred-Wegener-Instituts für Polarforschung ein. Sie wollte die Wissbegier ihres Sohnes stillen.
Das Schiff ist noch ziemlich gut erhalten, dafür, dass es 700 Jahre im Schlamm lag. Die Archäologen nahmen die Bremer Kogge von 1380 nach der Bergung Stück für Stück auseinander. Dann präparierten sie das Eichenholz gegen den Zerfall an der Luft. Als Gegenstück, wie schnell es unter Sauerstoffeinwirkung zerfällt, legten sie einige Stücke in Schaukästen. Über drei Etagen können Besucher um das Handelsschiff herumgehen und vom Kiel bis zu den Masten ausgiebig betrachten.
Widerstandsfähiges Eichenholz
Eichenholz ist widerstandsfähig, selbst im Eis. Der Reisende las in einer Biographie über Arved Fuchs (Ein Leben für Abenteuer und Umwelt), dass er ein altes Fischerboot seines Freundes Niels Bach übernahm. Er untersuchte die Dagmar Aaen auf Herz und Nieren und entdeckte, dass das Eichenholz im Rumpf des Schiffes völlig unversehrt war. Dabei war es viele Jahrzehnte harten Bedingungen auf hoher See ausgesetzt. Niels Bach lernte der Reisende auf der Kattegatinsel Samsø kennen, wo er Touristen auf seinem Fischkutter die Schönheit der Insel erklärt. Auch Ausrüstungsgegenstände der Kogge sind im Schifffahrtsmuseum ausgestellt, so dass man sich ein gutes Bild von der Zeit machen kann.