Der Reisende hört noch das entsetzte Aufstöhnen seiner Freundin nach den letzten Wahlen: “Jetzt haben wir eine linke Regierung!” Doch so schlimm scheint es nicht zu sein, dass Sozialist Antonio Costa als Ministerpräsident Chef einer Minderheitsregierung ist: Es ist eine aufstrebende portugiesische Wirtschaft zu erkennen. Dies sei mitunter auf eine stabile Textil- und Metallbranche zurückzuführen, schreibt Wolfram Neidhard, Online-Redakteur der Nachrichtenmanufaktur. Er blickt dann zurück: 2011 nahm Lissabon den Rettungsschirm in Anspruch. Portugal kassierte dafür von Europäischer Union, Europäischer Zentralbank (EZB) und Internationalem Währungsfonds (IWF) einen Kredit in Höhe von 78 Milliarden Euro. Dafür aber musste das Land als Gegenleistung sparen und Steuern erhöhen.
Trotzdem noch viel zu tun
Dann löste Costa im Herbst 2015 den konservativen Vorgänger Passos Coelha ab. Er “schloss Tolerierungsabkommen mit dem Linksblock, der Trotzkisten, Ökosozialisten, Feministen und andere Gruppierungen vereinigt, sowie einem Bündnis aus Kommunisten und Grünen”, ab, schreibt Neidhard. Innerhalb Europas sei dies eine einzigartige Regierungskoalition. Nachdem das Land 2014 noch vor dem Regierungswechsel erfolgreich den Rettungsschirm verlassen hatte, zog die Wirtschaft an. Es gab sogar ein wenig Wachstum zu verzeichnen. Das Bruttoinlandsprodukt sei gestiegen. Die Arbeitslosenquote sank deutlich. In schlimmsten Zeiten erreichte sie sogar über 17 Prozent.
Die Ursachen: eine allgemein gute Konjunktur weltweit. Hinzu kommen Einnahmen durch den Tourismus, ein niedriger Ölpreis sowie ein sehr guter Absatz portugiesischer Waren. Darüber hinaus: Costa ließ die Einkommenssteuer senken. Der Mindestlohn wurde erhöht. Eingeführt haben die Politiker auch einen Sozialtarif bei Strompreisen. Dafür aber kürzten sie die Ausgaben im Gesundheitswesen und in anderen Sektoren. Nach wie vor aber sind die Steuern für Mineralöl, Tabak und Alkohol unverändert hoch, was gute Einnahmen sichere. Allerdings warteten noch viele zu lösende Aufgaben, ergänzt Neidhard. Noch immer sei die Jugendarbeitslosigkeit zu hoch. Hohe Schulden müssten nach wie vor getilgt werden . Auch wenn es eine aufstrebende portugiesische Wirtschaft gebe, gebe es noch viel zu tun.