Das ging ja gut los auf den ersten 300 Kilometern durchs wilde Friesistan: Erst verschloss der Zug die Türen in Bremerhaven. „Jetzt fährt der Zug nonstop durch bis Berlin“ fürchtete Reisegefährte Christoph. Doch ganz so schlimm wurde es nicht. Er endete in Lehe. Von dort musste also improvisiert werden, was sich an feuchten Schuhen Christophs und Schlamm auf der Kleidung bemerkbar machte. Am ersten Tag war das Rad eben noch reichlich schwer und auch noch nicht allzu gut gepackt. Der Weg führte auf zum Teil lange nicht befahrenen Pfaden nach Duhnen bei Cuxhaven. So führte die wilde Fahrt zweimal beinahe in Wassergräben. Der viele Regen hatte seine Spuren hinterlassen.
Landschaftlich bietet der Nordseeküstenradweg zwischen Bremerhaven und Rodenäs mehr Abwechslung als zwischen Emden und Bremerhaven. Denn es geht nicht immer an Deich entlang. Interessantere Städte, Fährfahrten und tiefere Wälder erwarten Reisende. Allerdings scheint manchen Bewohnern in Nordfriesland die ostfriesische Gelassenheit zu fehlen.
Zum ersten Mal durchstreifte und erlebte der Reisende den hohen Nordwesten Deutschlands. Der Einstieg in den war zwar unerwartet hart. Doch besänftigten zwei nette Radler aus Kassel wenigstens den Hunger der beiden Gefährten. Sie versorgten die beiden vorm Schlafengehen mit Käse, Brot und Schlickereien. Denn ab 21.00 Uhr legen die Köche an der Küste ihre Löffel in die Spülmaschinen. Mit viel Glück serviert einem jemand vielleicht noch ein Fischbrötchen.
Für Wahrzeichen an der Küste wird zwar immer wieder geworben auf touristischen Webseiten. Aber entscheidender ist eben doch freundliches authentisches Verhalten. So freuten sich Mitarbeiter in Cafés über interessierte Fragen und gute Fotos auf dem Tablet. Statt einen wegzujagen, räumten sie den Nachbartisch frei. „Dann hast du mehr Platz“. Dies betraf den Reisenden selbst. Bewundernd schaute er auch anderen zu wie einer harten Schwimmerin bei Cuxhaven. Ende Mai hielt sie es gut eine halbe Stunde im kalten Wasser aus. 17 Grad sollen es gewesen sein.
Tolle Aussichtspunkte steuern dann zum Gelingen des Urlaubs bei. Die Schwimmerin konnte man gut vom Deich nahe am Wahrzeichen „Kugelbake“ beobachten. Am Leuchtturm „Dicke Berta“ nahe Otterndorf schauen Besucher von der Terrasse eines Cafés auf einen hübschen Bootshafen herab. Ähnlich hübsch ist auch der Hafen in Neuhaus. Viele Waldstücke bis zur Elbe sorgen für Kühlung.
Abenteuer Elbe
Die Überquerung der Elbe nach Glückstadt ist das nächste Erlebnis. Sie ist so breit, dass sogar richtig große „Pötte“ auf ihr schiffen können. Diese fuhren schon unglaublich nah zuvor in Strandnähe an manchen Stellen vorbei wie zum Beispiel an der Kugelbake. Auch in Freiburg erfreuten sich die Radler an einer menschlichen Begegnung: Ein Einwohner führte sie ungefragt durch den Ort. Die Ausschilderung zur Elbfähre empfand er nämlich als unzumutbar. Viele würden sich verfahren.
Wären da nicht der Wutausbruch des Campingplatzbesitzers am Nordstrand oder Beschimpfungen von einer Autofahrerin in Husum gewesen, hätte die ganze Woche ein ausgesprochen schöne sein können. In Husum wurde der Reisende nett von einer Einwohnerin auf den Fotorucksack angesprochen. So auf der Straße gestoppt, entwickelte sich ein gutes Gespräch. Die Fahrerin fühlte sich in ihrem Bedürfnis nach Platz beeinträchtigt.
Wutausbruch
Der Campingplatz-Inhaber warf dem Reporter sogar „Hausfriedensbruch“ vor und drohte mit der Polizei. Wer nach 18 Uhr ohne Anmeldung den Platz betrete, tue dies unberechtigt. Etwas später beruhigte er sich aber, begründete seine Haltung mit schlechtem Verhalten mancher Zelter. Sie urinierten gegen Wohnwagen, hinterließen Müll auf dem Rasen. Er gab dem Reisenden dann doch noch einen Platz. Einen Radfahrer mit vielen Kilometern in den Beinen wollte er von sich weisen. Dennoch konnte es der Reisende nicht erwarten, auf dänische Zeltplätze zu gelangen. Denn dort geht es weniger rau zu. Anmeldung am nächsten Morgen reicht. Solch eine Anspannung hatte er auch auf seinen letzten größeren Reisen durch Spanien und Portugal nicht erlebt.