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Portugal

Hohe Wacht am Rio Mondego

Guarda, Portugals höchste Stadt, durchstreifen und erleben

Guar­da, Part­ner­stadt Sieg­burgs bei Bonn, birgt vie­le Schät­ze. Es lohnt sich, das Rad ste­hen zu las­sen, die Haupt­stadt des Hoch­ge­bir­ges zwei Tage zu durch­strei­fen, um den „Son­nen­mann“, die fes­tungs­ar­ti­ge Kathe­dra­le und das Juden­vier­tel des alten Luft­kur­or­tes zu erleben.

Es gibt nur stei­le Wege in Guar­das Zen­trum. Gleich­gül­tig, von wel­cher Sei­te der Rei­sen­de kommt, es geht immer berg­auf. Wer von Bel­mon­te übers Vale do Mon­de­go kommt, wird stark gefor­dert. Aber es lohnt sich, zwei bis drei Tage zu ver­wei­len und sich dabei auch kör­per­lich zu erholen!

Denn Guar­da ist mit 1056 Metern die am höchs­ten gele­ge­ne Stadt Por­tu­gals. Die nächst höher gele­ge­nen Städ­te lie­gen zwi­schen 450 und 700 Metern. Aber war­um baut man eine Stadt für heu­te gera­de ein­mal 43.000 Ein­woh­ner in die­ser Lage? Guar­da war immer schon regio­na­les Zen­trum. 1139 durch König Sancho I. gegrün­det, erfüll­te sie die Funk­ti­on eines Bischofs­sit­zes. Guar­da bedeu­tet Wacht. Sie ist zum Schut­ze des Umlan­des ange­legt. Es ist leicht zu ver­tei­di­gen, ob sich Fein­de nähern. Sancho dien­te sie als Grenz­ver­tei­di­gung­an­la­ge gegen expan­siv den­ken­de kas­ti­lisch-leo­ne­si­sche Ade­li­ge. Zugleich soll­ten die Bewoh­ner ins Inne­re des Gebir­ges füh­ren­de Stra­ße über­wa­chen. Schon seit der Stein­zeit ist die Regi­on besie­delt; sie ist also kei­nes­wegs sied­lungs­leer. Bevor­zugt sie­del­te man hier schon in der Früh­zeit auf den Hoch­ebe­nen, in aus­ge­schnit­te­nen frucht­ba­ren Tälern, oder auch bevor­zugt an Flüs­sen wie dem Mon­de­go oder dem Côa. Wer die Pra­ça Luís de Camões an der Kathe­dra­le erreicht hat, darf auf die­sem Haupt­platz in einem der Cafés zuerst ein­mal durch­at­men oder sich an dem Anblick der schö­nen alten Häu­ser mit den Arka­den erfreu­en. Einst war die­ser Platz ein Markt­platz. Er liegt am Ran­de der zum Teil noch von Stadt­mau­ern umge­be­nen attrak­ti­ven Altstadt.

Dort fin­det der Besu­cher auch das Tou­ris­ten­bü­ro. Wer nach der Che­fin fragt, wird zur Pro­jekt­ma­na­ge­rin Car­la Basi­lio gewie­sen wer­den. Dem Besu­cher erklärt die klei­ne zier­li­che Frau mit den grü­nen Augen zuerst die Grund­zü­ge des berühm­tes­ten Baus der Stadt, die Kathe­dra­le, die dem Rad­ler aus einem Film im CISE in Seia schon bekannt ist; völ­lig über­rascht ist er, dass das Hoch­ge­bir­ge solch eine Per­le beher­bergt. Auch von der Nach­bar­stadt Bel­mon­te erzählt sie und deren jüdi­schem Erbe. Doch es bleibt nicht nur beim Vor­trag. Sie ist auch sofort bereit, durch ihre Geburts­stadt zu füh­ren. Sie ist nicht nur auf Guar­da spe­zia­li­siert, son­dern sie ver­ant­wor­tet den inne­ren Tou­ris­mus der weit bis Avei­ro und Cas­te­lo Bran­co rei­chen­den Inne­ren Bei­ra. Bonn ken­ne sie, erzählt sie und lächelt. Wäh­rend eines Schü­ler­aus­tau­sches habe sie eini­ge Zeit in Guar­das Part­ner­stadt Sieg­burg ver­bracht. Sie führt zunächst über den durch Anla­ge von Bee­ten mit Blu­men auf­ge­lo­cker­ten Platz zur Kathe­dra­le, auf Por­tu­gie­sisch Sé. Links der Kir­che erhebt sich eine Bron­ze­sta­tue Dom Sanchos. Auf einem wei­ßen Gra­nit­qua­der steht 2. König von Por­tu­gal, 1185 — 1211. Unter sei­nem lan­gen Gewand lugt die rech­te Schuh­spit­ze her­vor. An Stel­le eines Fußes sticht links die Spit­ze eines lan­gen Schwer­tes in den Block, des­sen Knauf er mit der lin­ken Hand umfasst. Mit der rech­ten fixiert er eine Fal­te sei­nes Gewan­des, über dem er einen Umhang trägt. Ein klei­nes Kreuz hängt an einer Ket­te auf der Brust. Der König trägt einen Bart. Die Kro­ne auf dem Haupt zeigt sei­ne Stel­lung an. Sancho schaut weit über den Platz. Bereits mit 13 Jah­ren war er Feld­herr in einer Schlacht um Ciu­dad Rodri­go, die ver­hee­rend ende­te. Das heu­ti­ge Bild von ihm ist das eines Frie­dens­fürs­ten, weil er lie­ber Wirt­schaft, Kul­tur und Bil­dung und den Krieg ver­mied. Er teil­te das Land in Land­krei­se mit eige­nen Kom­pe­ten­zen in Ver­wal­tung und Gerichts­bar­keit ein, schuf für den Gesamt­staat eine Vor­stu­fe der Volksvertretung.

Von der Schau­sei­te aus hat die sich inner­halb der Stadt­mau­er befind­li­che Kir­che gera­de noch genug Platz, um sich zu ent­fal­ten. Denn Wohn- und Geschäfts­häu­ser aus dem 16. und 17. Jahr­hun­dert schmie­gen sich bis auf weni­ge Meter eng an sie. Deren Bal­ko­ne sind kas­ti­lisch beeinflusst. (…)

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Portugal

„Auch im Paradies muss man hart arbeiten“

Als Erntehelfer vom Schreibtisch auf den Olivenhain

Im Novem­ber, wenn die meis­ten Tou­ris­ten Por­tu­gal ver­las­sen haben, lässt sich im Hoch­ge­bir­ge bis Mit­te Dezem­ber das Schau­spiel der Oli­ven­ern­te beob­ach­ten. Es ist fremd, denn fast nie­mand weiß, wie die­se Früch­te vom Baum geholt wer­den. Schreib­tisch­tä­ter aus aller Welt packen als Ern­te­hel­fer in einem ein­sa­men Tal der Ser­ra da Est­re­la mit an.

(…) Jes­se füllt zwei Hei­ne­ken-Glä­ser mit Was­ser. Von hier unten ist die star­ke Bewal­dung der bei­den das Tal ein­schlie­ßen­den Höhen­zü­ge zu sehen. Oben weht ein fri­scher Wind, zu erken­nen. Das zei­gen die lang­sam rotie­ren­den Wind­rä­der, die elek­tri­sche Ener­gie pro­du­zie­ren. Ruhig und sach­lich beant­wor­tet er alle auf­kom­men­den Fra­gen. Er macht aber auch gleich deut­lich, dass er kein Land­wirt­schafts­exper­te ist. Er ken­ne sich weder mit Scha­fen noch mit den Beson­der­hei­ten von Obst­bäu­men aus. Daher kön­ne er nicht ein­mal sagen, wel­che Oli­ven­sor­ten er bewirtschafte.

(…) Eine ener­gi­sche Stim­me unter­bricht das Gespräch. Ern­te­hel­fer im Alter von zwan­zig bis drei­ßig Jah­ren sind in der Zwi­schen­zeit her­an­ge­strömt. Die meis­ten tra­gen T‑Shirts. Eini­ge von ihnen legen sich wie die Hun­de auf den tro­cke­nen Boden in die Son­ne und schlie­ßen die Augen. Ande­re fül­len sich die Tel­ler an einem Buf­fet, essen ange­strengt oder tele­fo­nie­ren in einen Auf­ent­halts­raum. Jes­se lädt nicht zum Essen ein. Der ener­gisch spre­chen­de Mann schickt Chef und Gesprächs­part­ner weg. Wäh­rend sie essen, ergibt sich kurz die Mög­lich­keit, den Kopf in eine der Unter­künf­te zu ste­cken. Es riecht streng. Bet­ten sind nicht gemacht, Schlaf­sä­cke nicht aufgerollt. 

Als Jes­se wie­der zur Arbeit auf­ruft, jubelt kei­ner. Gemein­sam geht es zu einem Oli­ven­hain, wo das Gespräch mit Jes­se wie­der auf­ge­nom­men wird. Er beschreibt mit den Armen einen wei­ten Kreis. Im Mon­de­go­tal gebe vie­le klei­ne Dör­fer zum Bei­spiel Vila Sua­rez, das nur 20 Ein­woh­ner zäh­le. Einst habe es dort immer­hin einen eige­nen Bür­ger­meis­ter gege­ben. Doch die meis­ten Dör­fer hät­ten so vie­le Ein­woh­ner ver­lo­ren, dass ein Bür­ger­meis­ter mitt­ler­wei­le für drei ver­ant­wort­lich sei. Der Boden, also der ph-Wert, sei sau­er, denn unter der dün­nen Kru­me lie­ge Gra­nit. Dort las­se sich kei­ne inten­si­ve Land­wirt­schaft betrei­ben. „Wir selbst glei­chen das daher mit viel Bio­mas­se aus.“ Schaf­kot und über­rei­fe Oli­ven sei­en ein guter Dün­ger. Durch die umlie­gen­den Ber­ge gebe es im Tal ein beson­de­res Mikro­kli­ma. Selbst wenn es rings­um reg­ne, müs­se es hier nicht reg­nen. Die Ber­ge fin­gen die Regen­wol­ken oft ab. So gebe hier vie­le Son­nen­stun­den. Der Wind wehe hier zwar stark, aber das sei kein Nach­teil. Er müs­se nur Oran­gen- und jun­ge Oli­ven­bäu­me vor ihm schüt­zen. Höhen­la­gen sei­en des mor­gens auf­tre­ten­den star­ken Taus und der tro­cke­nen Nach­mit­ta­ge wegen kli­ma­tisch begüns­tigt. Vom Nie­der­schlag hängt es ab, ob sie inten­siv oder ver­wäs­sert schme­cken. Im Unter­schied zum Wein lässt sich Oli­ven­öl nach­träg­lich nicht ver­bes­sern; es ist schließ­lich nichts ande­res als der aus den Früch­ten gepress­te Saft. Ihn habe nicht nur das gute Wet­ter her­ge­lockt, son­dern auch die Aus­sicht, viel Frei­heit zu erfah­ren. Das Leben hier bedeu­te zwar har­te Arbeit. „Aber ich mag es, mit den eige­nen Hän­den etwas zu pro­du­zie­ren und für mich selbst zu sor­gen.“ Er ist gewis­ser­ma­ßen autark.

Mit 20 Hekt­ar Grund gehö­ren die Nie­der­län­der zu den gro­ßen Betrie­ben im Tal. Außer ihm gebe es zwei bis drei ande­re gro­ße Land­wir­te, mit denen er aber nicht in Kon­takt ste­he. Ins­ge­samt gebe es an die tau­send über sechs bis sie­ben Dör­fer ver­teil­te Klein­bau­ern. Um sich zu ori­en­tie­ren, was auf dem kar­gen sau­ren Boden wächst, habe er sich auf deren Fel­dern umgesehen. (…)

Alle Pro­duk­te wür­den ins Aus­land expor­tiert. Dies sei lukra­ti­ver, sagt Jes­se. Für ein Kilo Kir­schen erhal­te er in Por­tu­gal 80 Cent, von einem Kun­den in den Nie­der­lan­den dage­gen zwei Euro. Daher habe er im ver­gan­ge­nen Jahr den Bestand um 80 Kirsch­bäu­me erwei­tert. Alles bio­lo­gisch-dyna­misch: Erkrank­te Bäu­me wür­den ent­fernt oder zumin­dest teil­wei­se beschnit­ten. Aber viel Arbeit sei nicht nötig, denn nicht ein­mal die gefürch­te­te Wei­ße Flie­ge kom­me hier vor, da deren natür­li­che Fein­de die Tro­cken­heit, die Vögel und Raub­in­sek­ten sei­en. Der eigent­li­che Win­ter sei recht kalt.

Außer die­sen Ein­nah­men habe er neue gewinn­brin­gen­de Quel­le entdeckt. (…)

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