Barcelona feiert El Bermejo: Mit “El Bermejo” (1440–1501) steht in Barcelona aktuell ein bisher eher unbekannter Meister im Rampenlicht. Er ist ein Renaissancemaler des 15. Jahrhunderts. Den Reisenden interessiert dieser sehr, weil er sich mit der Epoche stets intensiv befasst. Besonders faszinieren ihn die großartigen Theaterstücke des Satirikers Gil Vicente.
Sobald der Reisende das Feuilleton der Frankfurter Allgemeinen Zeitung (FAZ) in die Hand bekam, suchte er im Text des Autors Paul Ingendaay nach Hinweisen in seiner Malerei aus der damaligen Zeit. Spanien stand damals kurz davor, sich zur Großmacht aufzuschwingen. Dem Königreich stand noch der Erbfolgekrieg bevor, war gerade noch dabei, die Araber zu vertreiben. Zeitgleich gingen die Spanier überaus hart gegen Juden vor. Diese waren dadurch gezwungen, nach Portugal und in den Orient auszuwandern. Dort waren sie aufgrund ihres handwerklichen und finanziellen Geschicks gefragte Leute. Auch die furchtbaren Erfahrungen mit der Pest hatten die Bewohner der Iberischen Halbinsel gemacht und den Fall Konstantinopels mit Entsetzen gesehen.
Qualen Jesu veranschaulicht
Spiegeln sich solche Erfahrungen in den Gemälden El Bermejos wider? Durchaus. Dieser hieß mit bürgerlichem Namen Bartolomé de Cárdenas. In Córdoba kam er auf die Welt. Es wird vermutet, dass er zwangsweise zum Christentum übertreten musste. Er malte zum Beispiel eine Szene der Geißelung, die die Qualen Jesu veranschaulichen sollte. Die Menschen damals erforschten, was Maria fühlte, als ihr Sohn ausgepeitscht und ans Kreuz genagelt wurde. Wurde sie ohnmächtig in ihrem Schmerz? Dies zu ergründen, war eine wichtige theologische Frage. Gefühle des Menschen rücken erstmals in den Mittelpunkt des Interesses.
FAZ-Autor Paul Ingendaay beschreibt auch die Marienfiguren des Malers, die elfenbeinerne Zartheit und herzzerreißende Trauer aufwiesen. Seine Christusfiguren seien schrecklich leidende Menschen. Diese seien obendrein skandalös nackt abgebildet.
Es ging damals nicht nur um das Leiden Christi und Marias, sondern auch um die Reise der Seele nach dem Tod. Würde sie in der Hölle ankommen? Hatte der Mensch im Leben genug gute Taten verrichtet, damit der Engel die Seele ins Paradies lässt? Musste man wirklich allen irdischen Versuchungen widerstehen, um ins Paradies zu gelangen?
Engel besiegt den Teufel
Erwähnung findet daher im FAZ-Artikel auch das erste erhaltene Gemälde El Bermejos: „Der heilige Michael triumphiert über den Teufel“ (1468) aus der National Gallery in London. Man könne sich an der Stofflichkeit kaum sattsehen, schreibt Ex-FAZ-Kulturkorrespondent Ingendaay. Die schimmernde Goldrüstung des Erzengels mit grünem Samt, grau schimmerndem Kettenhemd, perlen- und diamantbesetztem Schuhwerk, umweht von einem prächtigen purpurnen Umhang, kontrastiere mit dem bösen Tier unter seinem Fuß.
Der Glaube an den Teufel war allgegenwärtig. Die Menschen meinten: Er versucht stets, auch mit Lügen, die Seele für sich zu gewinnen, ihr ein Leben in Luxus zu bieten, wofür sie später aber in der Hölle leiden muss. Auf der anderen Seite steht der Engel mit dem flammenden Schwert. Auch dieser wirbt um die Seele; er rät ihr, all diese überflüssigen irdischen Güter abzulehnen. Diese seien vergänglich. Wenn die Seele aber ein einfaches Leben führe und den Weg in die Heilige Mutter Kirche finde, sei sie erlöst. Der Seele fällt es sehr schwer, all das zu begreifen.
Neugierig, bei “Barcelona feiert El Bermejo” dabei zu sein? Die Ausstellung läuft im Museu d’Art Nacional de Catalunya. Dort sind über zwanzig Gemälde El Bermejos ausgestellt, ergänzt um über vierzig Bilder von Vorläufern und Zeitgenossen.
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